Issue 
(1902) 11
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1.3. (5. ordentliche) Versammlung des XI. Vereinsjahres. 391

\ erbindung mit dem Horizontalstrich den Schlüssel dafür, dass man es mit einer Bauleuteinschrift zu tun hat. Die schlüsselartige Figur der zweiten Zeile, obschon das Monogramm des Baumeisters, enthält zugleich die Probe auf das Exempel.

Die mehr erwähnten 3 Striche geben den Aufriss einer mittel­alterlichen Bauhütte. Der Horizontalstrich stellt den Arbeitstisch des Meisters dar, der im Osten seinen Platz hat, um die Bauhütte zu re­gieren und an dem Fische seine Entwürfe zu machen. Die beiden Ver­tikalstriche machen die Plätze der übrigen Meister im Norden, der Ge­sellen und Lehrlinge im Süden erkennbar, an deren Enden nach Abend die Parlierer ihre Plätze hatten, um die beiden Kolonnen in der Hütte zu vertreten. Man kann deshalb auch diese beiden Striche als die Par- lierer ansehen, so dass die 3 folgende Striche die Gesellen darstellen. Es ist somit in diesen ß Strichen der Anfang der ganzen Inschrift zu lesen:

Ein Meister und 5 Gesellen.

Dass tatsächlich Gesellen gemeint sind, ergeben die beiden fol­genden Zeichen (Figur 6, 7). Der lange geschweifte, unten durchkreuzte Strich ist ein f ein t müsste oben gekreuzt sein. Der Doppelwinkel dahinter ist ein r. Wenn dies r nach oben unverhältnismässig verlängert ist, so hat man mit einer Geschmacksrichtung des früheren Mittelalters zu rechnen, das ungemein lange und schmale Buchstaben liebte und deshalb Verlängerungen nach oben vornahm, wie wir später noch beim n sehen werden. Bei der Bevorzugung gerader Linien in dieser Inschrift darf es nicht auffallen, dass der nach rechts gehende Buchstabenteil geradlinig ist. Das fr ist die Abkürzung für fabri, Bauleute: Sprecher und Gesellen.

Die beiden folgenden Zeichen (Fig. 8, 9) gehören zusammen. An einem hi = hier ist wohl nicht zu zweifeln.

Die vierte Gruppe (Figur 10, 11, 30, 31) aus zwei Zeichen bestehend, zeigt zunächst nach der genauen Abbildung eine Form, die man unter Berücksichtigung des Umstandes, dass keine Bogen vertreten sind, sehr wohl für b lesen kann, während das andere, nach der Photographie hier wiedergegeben, einen Vertikalstrich zeigt, von dessen unterem Ende ein zweiter Strich schräg nach rechts geht. Es hat den Anschein, als ob der Vertikalstrich unten ausgewittert ist, da man annehmen muss, dass diese beiden zusammengehörigen Zeichen ursprünglich auf derselben Linie gestanden haben. Darnach ist das zweite Zeichen das mittel­alterliche n, dessen Unterschied vom h hier in die Augen springt. Es ist dieses n im wesentlichen die Form, welche in den Inschriften auf den Grabplatten der Havelberger Bischöfe und genau auf der Kyritzer Elle von 1238 erscheint. Das Zeichen bn lese ich fürbauten, denn eine andere Tätigkeit hätten die Werkleute kaum als wert des Fest-