Heft 
(1902) 11
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14. (6. ordentliche) Versammlung des XI. Vereinsjahres.

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entschwinden konnte. Denn die ganze spätere vorgeschichtliche Periode, ja das frühe Mittelalter hat dergleichen vollendet kunstvolle Leistungen nicht aufzuweisen. Wie weit dieselben im einzelnen gehen, dafür spricht beispielsweise die Darstellung des langbehaarten Mammuts. Ein Mammutrüssel scheint sich (auch bei den neuesten sibirischen Mammut- funden) nicht erhalten zu haben; bei Rekonstruktionen gab man dem Mammut immer den Rüssel des indischen Elefanten mit der hohen Stirn und den kleinen Ohren, nun macht Dr. G. Kalide (Naturw. Wochenschrift vom 26. Oktober 19Ü2 S. 42) darauf aufmerksam, dass nach den Magdalenen-Abbildnngen das Mammut am Rüsselende nicht wie der indische Elefant einen Fortsatz trug, sondern zwei wie der afrikanische Elefant mit der fliehenden Stirn und den grossen herz­förmigen Ohren. Diese Fortsätze sind ausserdem wie beim afrikanischen Elefanten nicht fingerförmig, sondern wie die Zeichnung sehr deutlich zeigt, breit lippenförmig, während die Schmelzfaltenbildung der Back­zähne allerdings mehr dem indischen Elefanten ähnelt.

Hinsichtlich der Bezeichnung der verschiedenen Spezies oder Rassen des Urmenschen bemerkt Ludwig Wilser (Naturwiss. Wochen­schrift vom 15. .Juni 1902), dass Schwalbe den von ihm (Wilser) schon vor Jahren vorgeschlagenen Namen Homo primigenius für die ältest bekannte, durch die vorgedachten Funde von Neanderthal, Spy, la Naulette, Krapina, etc. sichergestellte Rasse angenommen habe und schliesst mit den Worten:Da schon im jüngeren Quartär eine vom

heutigen Menschen wenig verschiedene Rasse (race de Cro-Magnon) auf- tritt, scheint Schwalbe II. liodiernus als Ersatz für sapiens nicht passend und er schlägt daher H. socialis, eucranus oder imperator vor. Man wird aber zugeben müssen, dass Feuerländer, Weddas, Australneger, wenn sie auch gewiss keineWeisen sind, doch auf einen dieser drei Namen noch weniger Anspruch haben. H. sapiens ist ein­mal eingebürgert und kennzeichnet immerhin die geistige Ueberlegenheit auch der niedersten Menschenrassen über alle anderen Lebewesen. H. primigenius ist freilich vom jetzigen Menschen so verschieden, dass er wohl als besondere Art (species) betrachtet werden könnte, als Stammvater der heutigen europäischen Rassen (H. europaeus Linne und 11. mediterraneus) aber bezeichnen wir ihn doch besser als Ur- rasse (varietas primigenia). Die dazwischenstehende Cro-Magnon- Rasse ist, wenn auch nicht nach ihren Merkmalen, doch zeitlich von den jetzt lebenden so weit entfernt, dass ich für sie die Bezeichnung H. priscus vorgeschlagen habe. Für die hauptsächlichsten ausser- europäischen Rassen genügen die beiden Normen H. niger und H. brachycephalus.

Glücklicherweise hat die Affenmensch-Hypothese Carl Vogts mit ihrer direkten Entwickelung des Menschengeschlechts aus den anthropoiden

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