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Kleine Mitteilungen
Auch diese Gestalt, d. h. die des Erklärers verschwindet spurlos in den Nebeln der Zeitströmung. Zuletzt wurde sie noch in Spandau unter den Tausenden seiner kriegsgefangenen Landsleute bemerkt, welche der Sieg von Sedan in unsere Mark verschlagen hatte.
Obgleich ich dies seltsame Paar oft genug mit Augen gesehen habe, würde ich mich doch mit fremden Federn schmücken, Hesse ich verlauten, obige anekdotischen Züge ganz aus eigener Erfahrung geschöpft und demgemäss aufgezeichnet zu haben. Das meiste davon verdanke ich der GedHchtnisfrische und der Beobachtungsgabe meines Hausgenossen, des Herrn Paul Markmann, der sich leicht in das Milieu seiner noch nicht lange verllossenen Jugend zurückzuversetzen weiss. Es handelt sich hier zwar nur um wenige Dezennien. Welcher Umschwung aber seitdem. Wie fast weltfremd klingt nicht eine Stimme aus jener Epoche, in der, grossstädtischer Hochnäsigkeit gemäss, unsre liebe Vaterstadt erst ein Dorf gewesen sein soll, obwohl lange vorher einer der Gebrüder Grimm dieselbe bewundernd einen Weltteil geheissen hatte. Zuletzt wird Jedem immer die Zeit die liebste sein und bleiben, in der er jung gewesen ist.
Da der erwähnte Gewährsmann mir persönlich nahe steht und da ich weiss, dass er noch vielerlei Schätzenswertes in seinem Kopf aufgespeichert hat, hoffe ich, wenn er sich meiner Feder bedienen will, noch öfter etwas von ihm hören zu lassen.
Berlin, Anfang Januar 1903. Carl Bolle.
Über deutsche Rechenpfennige, Spielmarken und Tantes. Dr. L. Stieda, Professor der Anatomie an der Universität Königsberg erzählt in seinem Reisebericht B I)ie sibirisch-uralische Ausstellung für Wissenschaft und Gewerbe in Jekaterinenburg 1887“ (Königsberg i. Pr. 1890), u. A., dass unter der aus älteren Tschuwaschen- und Mordwinen-Gräbern erhobenen Gegenständen sieh zum Theil kleine russische Silbermünzen befanden und fügt dann S. 9 folgendes, einen wenig bekannten, jedoch sehr interessanten Zweig unserer heimatlichen Industrie Betreffende hinzu: „Zum andern Teil
waren die Münzen nichts anderes als deutsche Spielmarken oder Rechenpfennige. An einem Stück konnte man deutlich einen männlichen Kopf erkennen mit der Unterschrift Lud. XIIII I). G. Fr. et Nav. Rex auf einer Seite, Le repos suit la victoire auf der anderen Seite. Wann solche Spielmarken (Rechenpfennige) zuerst in Deutschland angefertigt sind, ist mir nicht bekannt. Jedenfalls ist sicher, dass derartige Rechenpfennige seit langer Zeit bis auf den heutigen Tag als Schmuck unter den Völkern des russischen Ostens (Mordwinen, Tscheremissen) verbreitet sind.“
Ich bemerke zu dieser interessanten Notiz, dass diese „Tantes“*) in der
*) „Tantes, in. spiel-, reclienpfennig Hübner naturlex. 1832. 801110 ’. 1,010(Würzb Verordnung vom j. 1733), nttrnb. dantes Fromm. 2,245, östr. dantes, tantes Höfer 1,143, seliles. tantus (plur. tantusse 97“, entlehnt aus dem plur. tantos des gleichbedeutenden span, taute, vom lat. tantus.“ Dr. M. Lexer ,in Grimm’« d. Wörterbuch, Bd. XI. Leipz. 1890. 8 . 117.