Heft 
(1902) 11
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Kleine Mitteilungen.

Hals-, Kopf- und Arm-Schmuck. Ich selbst habe sie in dieser Weise bei Beduinen-Weibern und -Mädchen gefunden. Man ahmt aber auch orientalische Muster, Pentagramme, Halbmonde, orientalische Münzen u. dgl. nach, um dem Geschmack der Türken, Araber, Mauren, Berber u. s. w., zu entsprechen. Als ich mich im Jahre 1878 auf der Pariser Weltausstellung nach der Herkunft, dieser Art von orientalischen Imitationen unserer Tantes bei einem levantinischen Juden erkundigte, sagte dieser, der mir den Deutschen ansah, in gebrochenem Deutsch und mit verschmitztem LUcheln: die dummen Leute hier [d. h. die Franzosen] bilden sich ein, dass die Sachen in Algier ge­fertigt werden, sie werden aber von Ihren Landsleuten gefertigt, wir beziehen sie aus Deutschland.

Ein sehr grosser Verbrauch an Tantes kommt bei Kinderspielen ^Würfel­spiele, Hammer und Glocke u. dgl.) bei uns vor. Bei Erwachsenen scheint der Gebrauch gegen früher zurückgegangen zu sein. E. Friedei.

Beobachtungen aus dem Leben der Lurche und Kriechtiere.

(Neue Folge; aus den Sam melk asten des Märkischen Provinzial-Museums.)

1. Vipern-Brühe. Die Kreuzotter ^Vipera berus) wird in unserer Gegend zu Heilmitteln namentlich beim Landvolk verwendet. Vipernköpfe sind noch jetzt in alten Apotheken erhliltlich. Aus dem Vipernleib kochte man Kraftbrühen. So schreibt Friedrich der Grosse an seinen am 37. Juli 1759 in Basel verstorbenen Freund Maupertuis unter dem 21. .Miliz 1746:Ich höre, dass Sie krank sind, das bereitet mir eine wahre Angst. Ich bitte Sie, thun Sie mir den Gefallen und lassen Sie Lieberkühn [ber. Arzt und Anatom] rufen! und da ich einmal aufdringlich bin, so treiben Sie die Gefälligkeit so weit, dass Sie mir folgen und Vipernbouillon nehmen.

E. Friedel.

2. Eine Kreuzotter, ein sehr starkes, altes Exemplar von 81 Centi- meter Länge, ist am Gartenplatz erjagt und getötet worden. Das gefährliche Reptil war schon längere Zeit am Abend und in der Nacht an den Wegen um die Strauchgruppe zwischen Feld- und Garten-Strasse beobachtet worden. An einem Vormittage der letzten heissen Tage sonnte sich die Schlange am Rasen in dem bei der Kirche belegenen Gehölz. Hier wurde sie von einem Gärtner und mehreren Herren gestellt und getötet. Ein Schutzmann vollendete das Werk, indem er ihr gründlich den Kopf zertrat und dafür sorgte, dass sie durch ein Gulli in den Abzugskanal geworfen wurde. Es wird an­genommen, dass die Otter in Heu, das zum dortigen Markt gebracht wurde, eingeschleppt worden ist. Die Kreuzotter ist unsere einzige Giftschlange, aber durch ihre grenzenlose Wut, in der sie blindlings in alles, was ihr in den Weg kommt, beisst, noch gefährlicher wie die Giftschlangen Asiens und Amerikas. Wiewohl infolge ausgesetzter Prämien ihre Ausrottung seit Jahren immer intensiver betrieben wird, werden durchschnittlich in Deutschland jährlich doch noch an 50 Personen von Ottern gebissen, von denen allerdings die wenigsten sterben, wenn sofortige ärztliche Behandlung eingeleitet Wird.