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15. (7. ordentliche) Versammlung des XI. Vereinsjahres.
bearbeitet und hatte die jetzige Kgl. Hofschauspielerin Frau Kuscha Butze-Beerbaum die Güte, alsbald im Anschluss an meine Worte, das Förstersche Drama in geistvoller Auffassung mit harmonischem Wohllaut der Stimme vorzulesen.
Auf meine und anderer Verehrer der Förstersehen Muse Bitte hat die Verfasserin aus dem „Schauspiel“ ein „Volksschauspiel“ gemacht, welches im Königlichen Schauspielhause zu Potsdam am 12. d. M. mit starkem, verdientem Beifall seine Erstaufführung oder wie der Berichterstatter richtiger' sagt, „Uraufführung“ erlebte. Ich kann mir nicht versagen, da ich durch Unpässlichkeit verhindert war, in Potsdam zu sein, eine Rezension des B. T. Bl. vom 13. hier anzusehliessen.
Mit vielem Verständnis für theatralische Wirkungen hat die nicht mehr unbekannte Dichterin eine alte märkische Sage als Versdrama auf die Bühne gebracht und in fünf handlungsreichen Akten einen interessanten „Kriminalfäll“ aus Alt-Berlin vor dem Publikum aufgerollt: Luigi, ein junger Italiener, der als begabter Musikus an den Hof des Kurfürstep Johann Georg nach Berlin berufen wurde, findet hier in einem älteren Verwandten Arrighi einen Rivalen und Neider Bei einem Streit auf der Strasse greifen beide zu den Dolchen, und Arrighi fällt, tödlich getroffen. Ein junger Berliner Goldschmied kommt in den dringenden Verdacht der Täterschaft. Von seiner Unschuld überzeugt, stellen sieh seine beiden Brüder als Mörder Arrighis dem Gerichte. Dieses beschliesst, in dem „schwierigen Fall“ ein Gottesurteil anzurufen: Johann Georg befiehlt den drei Brüdern, je eine junge Linde mit den Wurzeln nach oben auf dem „Heiligen Geistkirchhof“ in die Erde zu pflanzen; der vpn Mörderhand eingesetzten würde Gottes Segen versagt sein, sie müsste verdorren. Luigi, der seine Schuld seiner Mutter gesteht, wird von dieser von einem gerichtlichen Bekenntnis zurückgehalten; aber von Reue und Gewissensqualen gepeinigt, schleicht er sich auf den Kirchhof, und mit geweihtem Jordanwasser tränkt er die Linden, die alle drei in einer Frühlingsnacht mit jungem Grün sich schmücken. Gottes Urteil ist offenbar: die Brüder sind unschuldig. Johann Georg gibt sie frei und erhebt sie in den Adelstand: „von der Linde“ sollen fortan sie heissen. Luigi, dessen Mutter über den Vorgängen in Wahnsinn verfällt, wirft sich als reuiger Sünder dem Kurfürsten zu Füssen, und dieser schickt ihn zu lebenslänglicher Busse in ein Kloster. 1 ■
Den szenischen Aufbau dieses Konfliktes hat Clara v. Förster mit warmem Leben erfüllt: die Spannung lässt nicht einen Augenblick nach, und auch an poetischen Schönheiten fehlt es dem Werke nicht. Die Dichterin wurde nach jedem .Akt. mit den Darstellern mehrfach gerufen. Von letzteren zeichneten sich Alb. Schröder (Johann Georg), Alb. Köhler (Luigi), Helene Falpke und Erna Schubert ganz besonders aus.
Möchte uns recht bald Gelegenheit gegeben sein, diese im rechten Sinne auch „heimatkundlich“ zu nennende dramatische Dichtung auf der berliner Bühne zu sehen und zu hören.