E. Lemke, Tlohenzollern- und andere Fürsten in Mythenbildung.
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liches Abzeichen bei Fürsten.] Der Edelmann sank in die Knie und bat um Vergebung. Nein! — Der König winkte andere Leute heran, und der Edelmann wurde in einem Wagen davongefahren. Man hat nie mehr etwas von ihm gehört. Das Gut Dissen aber wurde unter alle Leute gleichmässig verteilt. Der König bestimmte, dass hier nie ein Armer sein sollte. Und es war auch keiner arm; jeder hatte genug. Aber die Kirche im Gute hatte nur eine Glocke, und darum schrieben die Leute an den König einen Brief: sie möchten gern drei Glocken haben. Der König aber schrieb an den Rand:
Die Leut in Dissen
Sollen wissen,
Dass sie mit einer Glock zufrieden sein müssen! —
Die zweite Mitteilung lautet: Der alte Fritz war sehr unternehmend und besann sich nicht lange. Er spionierte darum auch in Frankreich herum, gerade, als er mit denen Krieg führte. Er ging verkleidet herum und handelte mit Käse. So kam er auch vor die Kaiserin. [Offenbar werden da Frankreich und Österreich in einander gemengt.] Als er sah, dass sie schnupfte, bot er ihr Tabak aus seiner Schnupftabaksdose an. Und als sie mit ihm über die Käse handelte und sagte: die wären nicht gross genug, sagte er: na er würde and’re Käse ins Land schaffen. Damit meinte er die Granaten.*)
*) Hier kann noch eine Geschichte aus Ostpreussen Platz linden: Unser alter Fritz hat auch sehr mit dem Geld ’rumgeschmiesen, zum Spass. Einmal hat er in ordinären Kleidern die Wache belauscht. Da waren zwei Offiziere, die sich vom Trommelschläger zwei Flaschen guten Wein über die Strasse her holen liessen. Da drüben wohnte ein Kaufmann der eine sehr schöne Tochter hatte. Die Offiziere unterhielten sich: was sie sich wohl wünschen möchten. „Na,“ sagte der eine, „ich wünsch' mir dem König seine blanken Thaler.“ Und der andere redete etwas von Regierungssachen. „Und Du, Johann?“ fragten sie den Trommelschläger; „was wünsch'st Du Dir?“ — „Das schöne Mädchen drüben zur Frau!“ — „Nein,“ rief der eine Offizier, „das schöne Mädchen will ich haben.“ — Am andern Tage war der alte Fritz mit den Offizieren zusammen und sagte ihm: er wisse, was sie sich wünschten; er hätte es gehört. Sie stritten es auch nicht ab. Zu dem, der dem König seine blanken Thaler haben wollte, sagte er: „Du kommst nach Tapiau! ‘ Und zu dem andern, der über Regierungssachen gesprochen hatte, sagte er; „Du kommst auch an so einen Ort; Du kommst nach Potsdam!“ Dem Trommelschläger aber sagte er: er solle sich beeilen, dass das schöne Mädchen seine Frau würde! Wie lange Zeit er dazu brauchte, um sie zu werben? Na, vier Wochen! Gut! Er solle 4000 Thaler erhalten. Wenn aber nach vier Wochen das Mädchen nicht seine Frau wäre, dann würd' er ins Gefängnis gesperrt werden. — Jetzt machte sich der Trommelschläger zum feinen Herrn. Er trug die schönsten Kleider und hielt sich einen Diener, der Johann hiess. Und jeden Morgen grüsste er von seiner Wohnung gegenüber das schöne Mädchen; er verneigte sich und nahm den Hut ab. Und sie dankte ihm. Bald darauf trat er bei dem Kaufmann ein und unterhielt sich mit ihm. „Sie haben hier eine schöne Gelegenheit,“ sagte er; „kann ich ein Zimmer ab-