Heft 
(1903) 12
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Kleine Mitteilungen.

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hängen. Er liess den Prior von Dunmow kommen und erklärte ihm, dass der Segen der Fitzwalters auf dem Orte ruhen solle, wenn jedes Jahr den­jenigen eine Speckseite geschickt werden würde, die beweisen könnten, dass sie ein ebenso glückliches eheliches Leben geführt hätten, wie er selber. Die schöne Sitte erhielt sich von 1230 bis zur Aufhebung der Klöster durch Heinrich VIII. Wiederbelebt wurde sie zwischen 1740 und 1751. In ihrer gegenwärtigen Form hat sie Harrison Ainsworth eingeführt. Im Jahre 1898 erhielten drei Paare die Speckseite. Nachdem die Jury ihren Spruch ab­gegeben hatte, wurden die drei glücklichen Paare auf Sesseln durch den Ort nach dem Felde getragen, wo sie den üblichen Eid abzulegen hatten, dass sie fortfahren wollten, ein musterhaftes eheliches Leben zu führen. Darauf erhielten sie ihre Speckseite.

Hierauf bezieht sich das alte Erinnerungstuch. Ob dergleichen Er- innerungstücher in Dunmow noch jetzt in Gebrauch sind, weiss ich nicht; zutreffendenfalls wäre das schön und würdig.

5. Spruchbänder an der Kleidung im 15. Jahrhundert. Eine merkwürdige Sitte war es, Kleider mit roten und schwarzen Bändern zu schmücken, auf denen schwarze oder rote Buchstaben aufgedruckt waren. Aus späterer Zeit kann man heranziehen die gemalten Bänder, an die Goethes bekanntes Gedicht erinnert.

Heinrich Rinn: Deutsche Privatbriefe des Mittelalters. Beil. 80 zur Allg. Z. (8. 4. 1899) S. 4. Aus einer Besprechung einer kulturgeschichtlich höchst wichtigen Sammlung,Deutsche Privatbriefe des Mittelalters. I. Bd. herausg. von Steinhausen. Berlin 1899, R. Gaertners Verlag.

6. Über dieDenkzettel, wie Luther in der bekannten Stelle

Matthäi 23, 5 übersetzt:die Schriftgelehrten und Pharisäer machen ihre

Denkzettel breit, ist zu bemerken, dass dies die Gebetriemen (Tephillim) bedeutet, Streifen von Pergament, worauf zur Erinnerung die Stellen 5. Mos. 6, 49, C. 11, 1321, 2. Mos. 13, 210 und V. 1116 geschrieben waren, in zwei würfelförmigen Kapseln von Pergament verwahrt, die beim Beten an den linken Arm und die Stirn gebunden waren, aus wörtlicher Anwendung von 2. Mos. 13, 9. Diese Sitte wird noch jetzt vielfach bei den Juden geübt.

7. Endlich sei an die Worte, insbesondere Sprüche erinnert, die sich vielfach auf hölzernen und steinernen Bildhauerarbeiten sowie auf Bildern des Mittelalters und der Renaissance befinden. Häufig flattern die Spruchbänder den Personen gewissermassen als deren Rede au» dem Munde. Dann sind aber auch Sprüche und andere Worte auf den Säumen der Kleider und Tücher, meist weiblicher Figuren, angebracht. Namen und Worte, welche beim Beschauen die Erinnerung an Vorgänge aus der biblischen und Ileiligen-Legende, aus der Helden- und Rittersage,auch wenn es Sprüchwörter sind, aus dem Volksleben in die Erinnerung zurückrufen und zum Nachdenken auffordern sollen. Es lohnte im kulturgeschichtlichen Interesse wohl, diese Art von Literatur nach Zeiten, Ländern und Gegen­ständen zu sammeln und mit Erläuterungen zu veröffentlichen, wozu diese Zeilen, namentlich soweit unsere engere Heimat in Frage kommt, Anregung geben mögen.

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