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17. (8. ordentliche) Versammlung des XI. Vereinsjahres.
ist der Glin durch die Oppida Kremmen, Schwante, Vehleianz und Tucheband (das heutige Bötzow) blockiert, ein Beweis, dass dort die Gefahr feindlicher Einfälle am grössesten war, ein Beweis auch, dass zur Zeit der Okkupation dieser Luchinseln die nördlich davon liegenden Landesteile noch in wendischem Besitze sich befanden. Mit höchster Wahrscheinlichkeit ist anzunehmen, dass von Nauen aus die Länder Glin und Bellin besetzt worden sind, die auch kirchlich später zu dieser Propstei gehörten. Dieselbe Passage über das Havelländische Luch, welche einst die Burg Nauen zu sperren berufen war, wurde nachmals Anlass, dass der Burgort sich zu einer Stadt entwickelte, welche den von der Natur geschaffenen Übergang durch Dammschüttungen zu einer dauernd benutzbaren Verkehrsstrasse gestaltete.
Nichts spricht dagegen, sondern alles spricht dafür, dass die Nordgrenze der Khinlinie und die Ostgrenze der Ilavel-Nuthe-Nieplitzlinie bereits unter Albrechts des Bären Regierung bis 1170 erreicht worden ist. Lässt sich dafür ein zwingender Beweis nicht beibringen, so nötigt doch die in den Zehntstreitigkeiten der Bischöfe von Brandenburg und der Markgrafen offiziell gebrauchte Bezeichnung der „alten Lande“ für den oben skizzierten Komplex zu dem Schluss, dass über die genannten Grenzlinien hinaus längere Zeit hindurch keine Neuerwerbungen seitens der Askanier gemacht worden sind.
Für einen solchen Stillstand auf dem Gebiet der Okkupation bietet der Tod Albrechts des Bären eine zureichende Erklärung; denn damals wurde die bis dahin vereinigte Macht des Ballenstedter Hauses unter die fünf Söhne des Verstorbenen verteilt, was nicht ohne Schwierigkeiten und nicht ohne Schwächung des einzelnen abging. Überdies stand Heinrich der Löwe um jene Zeit auf einer Höhe des Glückes und des Erfolges, die fast erdrückend für die Askanier sein musste. Lieber werden die Ritter dem mächtigen weltberühmten Herzog von Sachsen und Bayern gefolgt sein, als dem Markgrafen von Brandenburg, lieber werden die Siedler im Herrschaftsbereich des Löwen sich niedergelassen haben, als in einem Lande, dessen Zukunft noch keineswegs gesichert schien. Ein völliger Umschwung trat mit dem Jahre 1179 ein und seitdem kommt auch neues Leben in die stagnierende Eroberungspolitik Otto I. Der Sturz Heinrichs des Löwen wurde der unmittelbare An- stoss zu einer Weiterentwickelung des kleinen märkischen Askanier- staates. Um seinen Feinden Arbeit zu machen, Schwierigkeiten zu bereiten, Schaden zuzufügen, veranlasste der Welfe die Pommern und Liutizen zu wiederholten Raubzügen in die Länder seiner Gegner. Die volle Wucht dieses unerwarteten Vorstosses traf das magdeburgische Land Jüterbog und die Niederlausitz; von einer Verheerung brandenburgischen Gebietes ist in den Quellen nirgends die Rede. So kann der Weg der