17. (8. ordentliche) Versammlung des XI. Vereinsjalires.
79
Indem ich für den Barnim auf meine Arbeit über denselben in den Forschungen zur branden burgischen und preussischen Geschichte, Band XIV, S. 1—43, verweise, stelle ich der märkischen Fürstenchronik den Bericht Arnolds von Lübeck gegenüber. Dieser erzählt uns folgendes: „Markgraf Otto“, — der durch und durch autidänisch
gesinnt war, — „verübte Feindseligkeiten gegen König Kanut, indem er sich einige Slaven unterwarf, welche der König für seine Untertanen erklärte. Darüber zürnend, beschloss der König einen Feldzug gegen ihn und kam mit seiner Flotte in dessen Land, indem er in den Oder- fluss, welcher ins Meer mündet, einlief. Ihm schlossen die Rugier oder Ranen samt den Polabern und Obotriten sicli an. Der König blieb auf der Insel Moen, während der Kanzler Peter das Heer führte. Als ihnen nun der Markgraf mit einer grossen Schaar von Kriegern und Slaven entgegentrat, gab es auf beiden Seiten Verwundete und Tote. Unter anderen fiel Durbern, der Bruder des Bischofs und der Kanzler ward verwundet und gefangen. Und so ward diese Unternehmung aufgegeben. Der Bischof aber wurde von Otto, welcher durch ihn viele Gefangene zurückzuerhalten oder einen grossen Teil des Slavenlandes zu erlangen hoffte, in enger Haft gehalten. So war eine kurze Zeit verlaufen und der Bischof noch in Fesseln, als er an einer empfangenen Wunde krank, listig und verschlagen, seine Krankheit so schlimm darstellte, dass er sich selbst aufzugeben schien. Der Markgraf also, von Menschlichkeit geleitet und aus Furcht vor übler Nachrede, damit der Bischof nicht in allzuharter Haft dahinschwinden sollte, begann ihn rücksichtsvoller zu behandeln. Er bestellte einen gewissen Ludolf zu seinem Wächter. Da aber begann der Bischof, sobald sich die Gelegenheit darbot, mit seinem Wächter wegen seiner Freiheit zu unterhandeln, und wurde, um es kurz zu sagen — mit Wissen und Beihilfe seines Wächters aus der Haft befreit und kam nach Hause zurück. Ludolf aber empfing eine nicht geringe Belohnung.“
Aus dieser detaillierten Erzählung ist zu entnehmen, dass Otto II. keineswegs der untätige Fürst war, wie die Fürstenchronik ihn schildert, sondern er hat Erwerbungen im Wendenlande gemacht und das kann nur jenseits der Havelgrenze geschehen sein. Arnold von Lübeck kennt die Pommern zu gut, als dass er für sie den Ausdruck „einige Slaven“ hätte brauchen können. Schon Leopold von Ranke hat es ausgesprochen, dass es sich hier nur um die Bewohner des Barnim handeln könne. Seit 1185 stand Pommern unter dänischer Lehnshoheit, die gleichen Hoheitsrechte aber nahmen die Askanier für sich in Anspruch. Es war indessen nicht ihre Art, hochfliegenden Plänen nachzujagen und darüber das Nächstliegende und das Erreichbare zu versäumen. Deshalb annektierte Otto zunächst den halb herrenlosen Barnim und schob damit die Grenzen seines Landes etwa 10 Meilen weit nach Nordosten