Heft 
(1903) 12
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Kleine Mitteilungen.

durchaus, nicht nur über dem europäischen Festlande, sondern bilden auch die Charakteristik der Witterungsverhältnisse des bei weitem grössten Teiles des nördlichen atlantischen Ozeans, dessen Golfstrom heuer eine merklich geringere Wärme besitzt als sonst, und dessen Polareismassen bei der dies­jährigen Abschmelzung und Loslösung sich bis in weit niedrigere Breiten ausdehnen als gewöhnlich. Die Stärke und Feuchtigkeit der vom atlantischen Ozean ausgehenden, nach Nordwesten gerichteten Luftmassen ist aber die Folge einer erhöhten Wärmewirkung der Sonne. Der grosse Dampfkessel des atlantischen Ozeans wird um so heftiger sein Wasser verdampfen und die atmosphärische Dampfmaschine um so stärker in Tätigkeit setzen, je mehr er angeheizt wird. Untersueiit man nun das grosse Feuer für diesen planetarichen Dampfkessel, die Sonne, so wird man sie gegenwärtig in intensiverer Glut finden als vor einigen Jahren. Zeigt sich nämlich die Sonnenoberfläche, die sogenannte Photosphäre, häufiger und in grösserer Ausdehnung mit dunklen Flecken bedeckt, so bedeutet das eine verminderte Wärmestrahlung der Sonne, denn diese Flecken sind eben durch geringere Wärme hervorgebrachte Verdichtungsstellen. Dagegen spricht nicht auch die Tatsache, dass die Fleckengebiete selbst eine grössere Wärme ausstralden als die übrige Sonnenoberfläche, denn sie enthalten ja die aus grosser Tiefe, das heisst aus heisseren Schichten des Sonneninneren emporbrechenden Fackeln (lavaartige Ergüsse) und Protuberanzen (Flammeneruptionen). Das vermehrte Einsinken abgekühlter (schwererer) Massen der Oberfläche in tiefere Schichten bedingt dann durch die chemische Zersetzung in der er­höhten Temperatur der Tiefe Explosionen und Eruptionen, das heisst Fackel- und Protuberanzenbildung auf der Oberfläche, und diese veranlassen wiederum durch plötzliche Wärmeentziehung der benachbarten Teile der Pliotosphären die Fleckenbildung. Im Jahre 1900 wurde noch eine ziemlich bedeutende Fleckentätigkeit der Sonne beobachtet; vor allem zeichneten sich die Flecken­massen, die vom 14.27. Juli und vom 10.28. Oktober 1900 sichtbar waren, durch besondere Ausdehnung aus. Geringer war die eruptive Tätigkeit der Sonne im Jahre 1001; nach Stentzeis Beobachtungen passierten nämlich nur am 6. Januar, 0. Februar, 5. März, 25. Mai, 20. Juni und 19. November Flecken den mittleren Sonnenmeridian, und nur eine Gruppe fiel durch grosse Flächendehnung auf, _ nämlich die vom 19.31. Mai 1901 sichtbare, die, aus zwei getrennten Massen bestehend, der nördlichen Flecken­zone angehörte. Machte sich hiernach schon in der zweiten Hälfte des Jahres 1901 ein auffälliges Nachlassen der Fleckentätigkeit der Sonne geltend, so sank sie in diesem Jahre auf ein Minimum herab. Stentzel beobachtete an seinem Instrument bisher nur drei sehr kleine Flecken, die vom 2 bis 15. Januar auf der südlichen, vom 1.13. März und vom 22. Mai bis 5. Juni 1902 auf der nördlichen Sonnenhälfte den Zug vom Ost- zum West­rande nahmen. Seitdem ist es ganz ruhig geworden auf der Sonne , kein Fleck trübte weiter ihre glänzende Oberfläche. Dem zufolge ist, wie gesagt, ihre allgemeine Wärmestrahlung jetzt grösser, was auch daraus hervorgeht, dass der Sonnenball zur Zeit des Fleckenminimums stets etwas grösser er­scheint, sich gleichsam vor Wärme auf bläht. Die Fernwirkung dieser stärkeren Sonnenstrahlung ist es nun, die die atmosphärischen Verhältnisse so stark in