19. (9. ordentliche) Versammlung des XI. Vereinsjahres.
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Dem „Roland“ vom 28. v.M. entnehmen wir folgenden Sitzungsbericht:
Der Verein für die Geschichte Potsdams vereinigte, wie die „Potsd. Tageszeitung“ berichtet, in seiner Monatsversammlung am Montag, den 10. d. M., im Hotel „Stadt Königsberg“ eine grössere Zahl von Mitgliedern und Gästen. Kandidat Winkler hielt ein Vortrag über „Die Geschichte des Apothekenwesens in Potsdam“ und behandelte die Begründung und Entwickelung der ersten privilegierten Apotheken in der innern Stadt im 17. und 18. Jahrhundert. Mit sichtbarem Interesse folgten die Zuhörer den Ausführungen, welche viel Neues und Bemerkenswertes darboten. An den Vortrag knüpften die anwesenden Vertreter des pharmaceutischen Berufs eine anregende Erörterung über alte Einrichtungen in den Apotheken Potsdams. Apotheker Huguencl zeigte ein altes Ilofapothekengefäss aus Steingut mit blauer Schmelzverzierung, wie solche vor etwa 150 Jahren verwendet wurden. Derselbe sprach auch über die im 17. Jahrhundert in den Apotheken üblichen Wandgemälde, auf denen Christus als Apotheker dargestellt ist. Ein solches Bild aus der Apotheke in der Hohenwegstrasse bewahrt hierselbst die Königliche Regierung zu Potsdam auf, eine verwandte Darstellung findet sich noch heute in der Löwen-Apotheke von Krumbholtz in der Nauenerstrasse; andere Bilder der Art besitzen die Kirchen zu Werder a. d. II. und Plötzin. Eine photographische Aufnahme zeigt ein anderes Schmuckstück, aus der Apotheke von Seheinert in der Lindenstrasse. Es stellt das Relief „Die Madonna mit dem Kinde“ dar, welches von Adam, dem Schöpfer einiger Bildwerke im Park von Sanssouci, gefertigt sein soll. Die Medizinal-Abteilung der Königlichen Regierung würde cs freudig begrüssen, wenn ihrer Sammlung neue interessante Ausstattungsstücke alter Apotheken und Gewürzkrämereien überliefert werden; möge jeder dazu beitragen, dem solche Dinge noch zur Verfügung stehen. Der 2. Schriftführer Artelt sprach von den wertvollen Sammlungen des Germanischen Museums in Nürnberg, in dem eine grosse Zahl mittelalterlicher und späterer Apotheken-Einrichtungen sich befinden; dort habe er zum ersten Male auch den Ursprung für die Berufsbezeichnung „Drogist“ an einem kleinen Präparat gefunden, dessen lateinische Aufschrift „trochiscus viperae“ lautete, d. s. Vipern-Kügelclien oder Pastillen, von diesem trochiscus leitet sich der Drogist ab, er ist demnach durchaus nicht französischen Ursprungs, wie noch immer auf deutschen Geschäftsschildern zu lesen ist. Im Anschluss an die Erörterungen der vormaligen Versammlung über das sogenannte Säulenhaus in Potsdam, Ecke Kanal- und Breitestrasse, zeigte Frau Bluth die Nachbildung eines Stiches, das Schatzamt des White- hall Palastes in London darstellend, um nachzuweisen, dass unser Säulenhaus wohl nach einem englischen Vorbilde entstanden sei. Schriftführer Artelt lehnte diese Voraussetzung ab, weil auch das englische Bauwerk ein ganz anderes Vorbild gehabt habe, nämlich das eines florentinischen Palastes mit einer korinthischen Säulenordnung; die Eck-Risalite liessen die charakteristische florentinische Bauweise deutlich erkennen. Das Vorstandsmitglied Fabrikbesitzer Eckert verwies auf ähnliche Bauten am Bassin und am Wilhelmsplatz und sprach von der Einwirkung des einstigen Immediat-Bau- fonds auf die Erhaltung der sogenannten friederizianischen Fassaden unserer