Heinrich von Kleists Prinz von Homburg.
Es ist nicht meine Absicht, von Kleists genialer Dichtung im ganzen hier zu sprechen. Ich will mich vielmehr darauf beschränken, über ihre geschichtlichen Grundlagen und ilme Entstehung zu handeln.
Der Held dieses Dramas steht zu der historischen Persönlichkeit, deren Namen er trägt, bekanntlich genau in demselben Verhältnis, wie der Held des Goethischen „Egmont“ zu dem realen Staatsmann gleichen Namens. Der wirkliche Prinz Friedrich von Homburg war zur Zeit, da bei Fehrbellin gekämpft wurde, kein träumerischer, nachtwandelnder Jüngling, der sich mit Liebesgedanken trug und ausser dem Sieg eine liebliche Braut zu erringen liotfte. Vielmehr war er damals zweiundvierzig Jahre alt und schon zum zweiten Mal verheiratet. Das erste Mal hatte er sich als achtundzwanzigjähriger Jüngling aus materiellen Gründen mit einer um dreissig Jahre älteren Witwe, der schwedischen Gräfin Brahe, vermählt. Ein Jahr nach ihrem 1669 erfolgten Tode heiratete er eine Nichte des grossen Kui’fürsten, eine Prinzessin von Kurland. Trauung und Hochzeit fanden im kurfürstlichen Schlosse in Berlin statt. Der Prinz verleugnete in seinem Wesen nicht das Jahrhundert, in dem er lebte, und nicht den Beruf, dem er oblag. Er war ein rechter Haudegen, im übrigen praktisch, nüchtern und höchst geschäftskundig. Neustadt an der Dosse, wo er Grundbesitz erworben, sich niedergelassen und mit grösseren und kleineren Unterbrechungen sechzehn Jahre gewohnt hatte, verdankt ihm nicht nur, dass es zur Stadt erhoben wurde, sondern auch einen grossen Aufschwung und eine hohe Blüte. • Aber nicht nur in Bezug auf den Charakter des Helden seines Dramas wich Kleist von der geschichtlichen Wirklichkeit ab, sondern auch in der Darstellung der Vorgänge, die seinen Inhalt bilden. Doch muss man hier zwischen dem unterscheiden, was ihm als historisch richtig erscheinen konnte und dem, worin er mit Bewusstsein und absichtlich von den ihm zur Verfügung stehenden Schilderungen der Schlacht bei Fehrbellin abwicb. Der Ausgangspunkt des Konfliktes, den