Heft 
(1903) 12
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5. (2. ordentliche) Versammlung des XII. Vereinsjahres.

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indes vielfach bezweifelt worden, da Zelter selbst in seiner Autobiographie (Hrsg, von Zelters Enkel Dr. W. Eintel, Berlin .1861) sagt, dass er in Berlin in dem Hause Münzstrasse 1, in dem er seine Erinnerungen niederschreibe, geboren sei. Dieser Vermerk und die Aufzeichnung im Taufregister der Sophienkirche Berlin, dassCarl Friedrich Zelter, Herrn Georg Zelters, Bür­gers und Maurermeisters und dessen Ehefrau Anna Dorothee Hintzen ehelich erzeugten Sohn geboren den 11. Xbr., am 14 Dezember 1758 getauft sei, haben dazu geführt, dass man neuerdings das Haus Münzstrasse 1 als das Geburtshaus des Komponisten Zelter angesehen hat.. Demzufolge hat auch die Stadt Berlin an dem genannten Hause eine bronzene Gediichtnistafel mit nachstehender Inschrift anbringen lassen:

Dem Andenken Karl Friedrich Zelters welcher im Jahre 1758 hier geboren wurde.

Die Stadt Berlin.

Trotz der eigenen Angabe Zelters scheint aber das Haus Münzstrasse 1 doch nicht die Geburtsstätte des Komponisten zu sein. Wie nämlich anläss­lich der Anwesenheit der Pflegschaft des Märkischen Museums in Petzow durch Herrn Hauptlehrer Andrich festgestellt wurde, hat der verstorbene Amtsrat Kähne, dessen Familie das Gut Petzow gehört, wiederholt geäussert, dass er eine alte Frau gekannt habe, die bei der Geburt Zelters in dem kleinen Häuschen auf derGrelle zugegen gewesen sei. Zelters Vater war Pächter der Grelle-Ziegelei und wohnte den grössten Teil des Jahres in Petzow, sein Sohn wäre nun als ein auf dem Lande geborenes Kind kanton- pflichtig gewesen, und um seinen Sprössling dem schweren Militärdienst zu entziehen, zog er es vor, den Neugeborenen schnell nach Berlin bringen zu lassen und die Geburt dort, wo er in der Münzstrasse ein Haus besass, zu melden. Die Einwohner von Berlin genossen den Vorzug, von der Kanton­pflicht befreit zu sein, und so wurde der kleine Zelter alsgeborener Ber­liner gleichfalls von der Militärpflicht befreit. Aus dem gleichen Grunde wurde er auch in der Sophienkirche getauft und in Berlin erzogen. Da eine Entdeckung dieserSchiebung für die Beteiligten ohne Zweifel unange­nehme Folgen gehabt hätte, so wurde die Sache möglichst geheim gehalten und auch der Knabe in dem Glauben gelassen, dass er in Berlin geboren sei. Daraus erklärt sich die Angabe Zelters in seiner Selbstbiographie und die darauf gestützte Annahme, dass das Haus in derGrelle bei Petzow nicht das Geburtshaus Zelters sei. Die Angaben des Amtsrats Kähne er­scheinen sehr glaubwürdig, und vermutlich bat Beutli von der ganzen An­gelegenheit Kenntnis gehabt und durch Anbringung der Tafel die falsche Überlieferung beseitigen wollen.

XII. Dr. L. II. Fischer, Stadt- und Kreisscliulinspektor in Berlin: Die ersten 75 Jahre der Berliner Gemein d eschule.

(Sonderabdruck aus denMitteilungen der Gesellschaft für deutsche Er- ziehungs- und Schulgeschichte. Jahrg. XIII. Heft 1. Berlin 1903,