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5. (2. ordentliche) Versammlung des XII. Vereinsjahres.
Merkwürdig erscheint mir zumal, dass der Stil dieser Landschaften so wenig der damals herrschenden französischen Richtung entspricht, dass ich hier an einen französischen Meister der Zeit von vornherein nicht zu denken vermag. Die damalige Rokokolandschaft hat mehr abgeschlossenen, idyllischen, lauschigen und intimen Charakter; während hier kühne Fernblicke zwischen Felspartien gegeben sind, ähnlich wie auf einigen Bildern von Claude Lorrain und Poussin, die auf italienischem Boden entstanden sind. Eine entschieden romantische Empfindung durchdringt einzelne dieser Naturschilderungen, so dass ich glaube, dass der Urheber derselben, der sichtlich an die ältere französische Richtung des 17. Jahrhunderts anknüpfte, ein Künstler war, der etwas abseits vom Wege schuf und vermutlich auf italienischem Boden Studien machte. Dass er aber ein Nordländer war, beweisen mir, ausser der Winterlandschaft, die Mehrzahl der Männertypen, besonders jener einsame Alte mit Pelzmütze und Tonpfeife, ferner die gut gezeichneten Architekturen in Gestalt schlichter geschlossener Gartenpavillons, wie ich sie so einfach-nüchtern weder auf französischen noch auf italienischen Bildern der Zeit gesehen habe.
Die Vermutung bezüglich der Urheberschaft fällt zunächst natürlich auf einen der damals in Berlin tätigen Meister, von dem möglicherweise das Figürliche der Malereien herrührt, obwohl auch hier anscheinend zwei Hände beteiligt waren, denn die Hauptfiguren z. B. auf dem grossen Sommerbilde sind erheblich besser in Zeichnung und Ausdruck wie die, wie gesagt, ziemlich rohen Nebenfiguren. Dagegen vermag ich, auf Grund unserer heutigen Kenntnis der damaligen künstlerischen Verhältnisse in Berlin, keinen heimischen Landschafter zu bezeichnen, dem ich eine so grosszügige Schilderung der landschaftlichen Natur zutraue. Der von Herrn Kustos Buchholtz erwähnte Maler Freudenberg gehört zu den obskuren Persönlickeiten jener Zeit, von dem niemand künstlerische Werke kennt, die sich zu einem Vergleiche mit den vorliegenden Malereien eignen würden.
Weit eher möchte ich geneigt sein, bezüglich des Landschaftlichen an einen Niederländer zu denken, der sich für das Figürliche vielleicht die Mitwirkung einer heimischen Kraft gefallen liess, die also im Rahmen eines fremden Entwurfs arbeitete. Von einzelnen niederländischen Landschaftern des 18. Jahrhunderts wissen wir in der Tat, dass sie in Italien noch immer im alten Geleise der Richtung des Claude Lorrain schufen. Eigentümlich ist auf den Berliner Bildern auch die Lichtführung. Die Hintergründe sind mehr beleuchtet und heller als die detaillierten Vordergründe, die in ihren kräftigen Lokaltönen jetzt stellenweise fast dunkel wirken.
Vielleicht gelingt es noch einmal, etwas Bestimmtes über den oder die Urheber dieser Wandgemälde zu finden. Der künftige Forscher wird