Heft 
(1903) 12
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9. (3. ordentliche) Versammlung des XII. Vereinsjahres.

Grafschaft Ruppinj insbesondere aber der Uckermark mit den Mecklen­burgischen Grossherzogtümern erkennen Hessen. So sind die Wand­lungen, denen sich das Land Mecklenburg vor 3000 Jahren, also in vorgeschichtlicher Zeit unterwerfen musste, ebenfalls nicht wirkungslos ' für die 'angrenzenden Lande Holstein, Pommern und Brandenburg verlaufen. Herr Professor Geinitz,*) der in ebenso streng wissenschaft­licher wie geistvoller Darstellung die Grenzgebiete der Geologie und der Vorgeschichte im Sinne neuer Landeskunde in Verbindung zu bringen versteht und unserer Brandenburgia durch die weittragende Hypothese einer EinheitHchkeit der quartären Eiszeit vgl. XII. Jahrgang S 152 ff. bestens in der Erinnerung steht, versucht in der Rektoratsrede vom 1. Juli 1903 namentlicli die seit Forchhammer in den vierziger Jahren in dänischen wie deutschen Abhandlungen und seit P. II. K. v. Maack (f 1878)Das urgeschichtliche Schleswighol­steinische Land, Kiel 1869, kaum mehr Gegenstand wissenschaft­licher Untersuchungen gewesene kimbrische Flut, welche schon die Alten viel beschäftigte, mit der Boden- und Vorgeschichte in Über­einstimmung zu setzen.

Geinitz geht davon aus, dass unsere deutsche Ostseeküste im Abbruch liegt; mir ist daran kein Zweifel, denn ich habe die vor unserer jetzigen Küste zum Teil in der wilden offenen See liegenden Torfmoore und Waldungen von Hinterpommern an bis zur ostholsteinischen Küste oft genug im Laufe der letzten Jahrzehnte beobachtet und die von der See aus diesen Schichten ausgeworfenen pflanzlichen und tierischen Reste recht häufig gesammelt. Von der Gewalt der Sturm­fluten, die zu dem allmählichen Sinken unserer Küsten hinzukommen, habe ich die Spuren der Ueberschwemmungen von 1872 und 1873, zuletzt noch die Verwüstungen vom 19. April 1903 mit Staunen und Bestürzung wahrgenommen.

So nimmt Geinitz S. 2 an, dass Mecklenburgs hohe Küstenkante vor 2500 Jahren etwa 2,5 km weiter nördlich lag.

Den grössten Landverlust hat aber die sogen. Litorina-Senkung gebracht.**)

*) Es sei bezüglich Mecklenburgs verwiesen auf 2 frühere Schriften von Geinitz:Der Boden Mecklenburgs sowieDie mecklenburgischen

Höhenrücken (Geschiebestreifen) und ihre Beziehungen zur Eiszeit, beide erschienen in denForschungen zur Deutschen Landes- und Volkskunde in Engelhorns Geographischem Verlag.

. **) Benannt nach dem Auftreten und überwiegenden Vorherrschen zweier kleiner Deckelschnecken als Leitfossilien Litorina litorea, der gemeinen Strand­schnecke und der kleineren Litorina rudis, beide noch heut bei Kiel massenhaft lebend, an der mecklenburgischen Küste aber zurückgehend, während an der pommerschen Küste als östlichstes Vorkommen an Steinen vor Arkona in den sechziger Jahren v. J. nur noch eine Kümmerform von L. rudis von mir lebend entdeckt worden ist. E. Fr.