Heft 
(1903) 12
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9. (3. ordentliche) Versammlung des XII. Vereinsjahres.

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Das Niveau der Ostsee hat seit dem Beginn der Quartärzeit bekanntlich geschwankt. Älteste Periode: a) Yoldia-Zeit (nach der arktischen Muschel Yoldia arctica), Verbindung mit dem Eismeer, b) dann Abschnürung der Verbindung der Ostsee westlich und nördlich und Verwandlung der Ostsee in einen vollkommenen Binnen-See, den Ancylus-See, benannt nach 2 kleinen Süsswasser-Napfschneckchen Ancylus fluviatilis, in strömendem, und A. lacustris in ruhigem Wasser. Von dieser Ancylus-Periode rühren nach meiner Auffassung auch die Süsswasserkonchylien in der Ostsee wie Limnaea baltica, desgleichen Neritina baltica und mindestens eine Art Pisidium (kleine Erbsenmuschel) her, die sich im Laufe der Jahrtausende Ai eigenen Arten ausgebildet haben und niemals die Flüsse hinaufgehen, weil ihnen deren eigenartiges Süsswasser nicht zusagt. Dasselbe gilt von einigen Varietäten unserer Fische, z. B. von einer bestimmten Varietät des Bars, des Kaulbars, des Brachsen, des Zanders, Spielarten oder Abarten von Fischen, die in den in die Ostsee ein- nhindenden Flüssen durch die dem letzteren Zeitalter eigentümlichen angestammten Spezies ersetzt werden. Diese Mollusken und Fische, zu denen sich auch Krustaceen gesellen, dürfen also als Relikte der Ancylussee-Periode angesprochen werden, ganz ähnlich wie Cottus quadricornis, Pontoporeia affinis, Idotea entomon, Mysis relicta als Überlebsei der Yoldia-Zeit. Vergl. Credner: Über die Entstehung der Ostsee. (Greifswald 1895 S. 25.

c) Die Litorina-Zeit, in der eine erneute Verbindung mit der Nordsee und eine Tiereinwanderung aus der Nordsee stattfand von solchen Spezies, die den geringen Salzgehalt des von Westen nach Osten mehr und mehr sich aussüssenden Ostseewassers vertragen können.

Diese letzte Epoche hat ihre Spuren auch an unserer neuvor- pommerschen Küste durch die ausgedehnte Konchylien-Lager, in der Hauptsache bestehend aus der Muschel Scrobicularia piperata, deutlich hinterlassen. Auf ihr massenhaftes fossiles Vorkommen am rechten Ryck-Ufer bei Greifswald habe ich bereits im Jahre 1878 gelegentlich der dort abgehaltenen Fischereiausstellung hingewiesen. Hier auf dem rechten Ryck-Ufer kommen neben Millionen der gedachten Schlammuschein vereinzelt auch die gedachten beiden Spezies von Litorina vor. Auf dem linken Ryck-Ufer befinden sich die Scrobicularien-Schiehten auch, doch habe ich darin Litorinen bisher nicht, auch nicht auf einer Exkursion, die ich mit Herrn Professor Or. Deecke von Greifswald aus dorthin am 30. Juni d. JVunternahm, gefunden.

Geinitz sagt S. 9:Vor dieser Senkung der Litorinenzeit war also, wie schon lange anerkannt, das südwestliche Balticum nicht Ostsee, sondern ein Festland, welches Mecklenburg und Schleswig-