9. (9. ordentliche) Versammlung des XII. Vereinsjahres.
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Die Hauptzeit des eolithischen Menschen liegt vom Miocän ab im Tertiär. Die Priguitzer Eolithe sind allerdings bislang nicht im Miocän der Prignitz, sondern nur im Altdiluvium gefunden, aber die charakteristische Kulturform der Eolithe ist doch direkt und unbestreitbar aus dem Tertiär zu uns übernommen und überkommen, genau so wie die jüngste palaeolithische Kultur (wie ich angedeutet) hinüber strahlt in die älteste neolithische (altalluviale) Kulturepoche, die ohne Riss und Kluft ihrerseits wieder bis in unsere Tage reicht.
Im Jahre 1865 fand ich iin Diluvium bei Wostewitz auf Rügen, südlich vou Sagard, halbwegs zwischen diesem Jasmunder Flecken und Neu-Mucrau, im Diluvialkies eine dem Obersenon angehörige grauschwarze Feuersteinknolle, die bequem in der Faust liegt, rübenartig, an der Spitze und einen Seite durch Schläge und Absplisse verletzt, die nicht durch geologische Gewalt, sondern nur von einem zielbewussten Wesen durch wiederholten Gebrauch entstanden sein können. Dieser Flint könnte als Fauststein noch heut bestens zu allerhand Gebrauch verwendet werden. Die durch überlegte Benutzung entstandenen Absplitterungsflächen sind, wie man dies auch an den dem Somme-Tal entstammenden, aus den Fiusskieslageru („drift“ der „gravel beds“ nach Lyell) entnommenen alspalaeolithischen Geräten von St. Acheul und Abbeville wahrnimmt, durch die Reibung des vom Wasser getriebenen, sich rollenden scharfen Sandes mattblank gescheuert, gleichzeitig auch sanft abgerieben, also etwas deformiert. Ich habe dieses Stück, für mich bezüglich Rügens ein Unicum, lange Jahre bei mir aufbewahrt und manchem gezeigt. Es ist von mir in der vergleichenden Sammlung des Märkischen Provinzial-Museums hinterlegt. Ich habe früher nicht gewusst, wohin ich chronologisch und prähistorisch dies Stück unterbringen sollte, obgleich von Anfang an für mich feststand, dass es vom Menschen bearbeitet sein müsse, denn sonst hätte ich mir überhaupt nicht die Mühe gegeben, diese Knolle des gewöhnlichen typischen riigen- schen Feuersteins mitzunehinen.
Palaeolithisch ist das Stück nicht, denn die bearbeiteten Flinte aus dem Diluvium sind ganz anders zugerichtet; neoli.thisch ist das Stück erst recht nicht; das verbietet ebenfalls die ganz abweichende Behandlung und die geologische Lagerung. Nachdem ich die englischen, französischen und belgischen Palaeolithe sowie Eolithe gesehen und verglichen, nehme ich keinen Anstand dies, wie angedeutet, von mir bereits im Sommer 1865 — (wo ich häufig von Sagard nach der Küste von Neu-Mucran zu Fuss ging, um dort in der Nähe der berühmten „Hülsbüsche“, der Riesenexemplare von Ilex aquifolium, ein Seebad zu nehmen und auf der Wanderung nach Versteinerungen und Steinaltertümern fleissig Ausschau hielt) — ich sage, ich nehme keinen Anstand, dies von mir aufgefundene Feuersteingerät