Heft 
(1903) 12
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11. (4. ordentliche) Versammlung des XII. Vereinsjahres.

selbst Konchyliensammler, lernen diese schwierigen Spezies des Genus Clausilia in ihrem ganzen Leben nicht unterscheiden. Mit Pflanzen z. B. aus den Geschlechtern der Genera Salix und Rubus oder mit gewissen Umbelliferen geht es ebenso. Nicht anders steht es bei den Artefakten, ich erinnere nur an die erst vor kurzem entlarvte Fälschung der Tiara des Saitaphernes, an die geschickt gefälschten Moabitischen Altertümer, an die Schwierigkeit der Unterscheidung reproduzierter Kupferstiche von alten, an die Sonderung der geschickt nachgeahmten Apostelkrüge von den echten u. dgl. mehr. Ich lasse jedoch immerhin mit aller Hochachtung den sogen,ehrlichen Barbaren gelten, der uns ver­zweifelnd sagt: ich kann die vertrackten Palaeolithe und Eolithe nicht unterscheiden. Das ist besser, als sich so anstellen, als vermöge man sie zu erkennen, besser jedenfalls als das Leugnen der Palaeolithe und Eolithe sei es aus mangelnder Kenntnis der Fundstücke sei es aus abstrakten und theoretischen, rein doktrinären Gründen, die in skeptischer, mitunter auch in aberweiser und ironisierender Form vorgetragen werden. Die Wissenschaft, namentlich die Naturerkenntnis hat Zeit zu warten und die Sonne der Zukunft wird schliesslich doch über dem wissenschaftlich Richtigen früher oder später einmal leuchten.

Professor Jaekel bildet S. 833 flg. (Zeitschrift für Ethnologie 35. Jahrgang 1903) 6 Feuersteine ab, die auch meiner Überzeugung nach vom Urmenschen benutzt worden sind.,

Fig. 2 ähnelt ausserordentlich meinem Eolithen von Wostewitz bei Sagard auf Rügen, den ich bereits 1865 gefunden und in unserm Septemberbericht erwähnt habe. Diese Knollen sind, sagt Jaekel, bald plump keulenförmig wie die erwähnte Figur 2 (und wie das Wostewitzer Stück) bald flach kuchenförmig (Fig. 5), bald kuglig und bald mehr­zackig ausgezogen. Wo an ihnen ein Fortsatz oder eine Kante scharf vorspringt, da zeigen sich namentlich an den Kanten unzählige kleine und kleinste Absplitterungen und Abreibungen. An vorspringenden Ecken und Zapfen sind zumeist unter den kleinen auch einige grössere Lamellen mit muscheligem Bruch abgesprengt, und die Abreibungen an der Spitze besonders stark. Alle diese Verletzungen des Feuerstein­knollens zeigen eine zerfetzte milchig getrübte Oberfläche, wie sie nur durch langes Lagern im Erdboden entstanden sein kann, während die sonstige Steinoberfläche bei stärkerer Zersetzung meist ein rauhes rissiges Aussehn aufweist. Dass solche den'Kanten folgenden Absplitterungen nur durch Menschenhand hervorgebracht sein können, düi'fte jedem, der sie aufmerksam betrachtet hat und die Grenzen natürlicher Absplitterungs­erscheinungen beurteilen kann, ohne weiteres einleuchten. Jeden Zweifel beheben aber solche Stücke, bei denen nur eine zum Gebrauch durch ihre Form prädisponierte Ecke oder Kante abgenutzt ist, und die ganze übrige Oberfläche des Knollens vollkommen unversehrt ist.