Heft 
(1903) 12
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11. (4. ordentliche) Versammlung des XII. Vereinsjahres.

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einschliesst. Den südlichen Teil dieser rundlichen Landinsel füllt dichter, mit Laubbestand gemischter Kiefernwald, derKrämer genannt, aus, der sich vom Dorfe Bötzow bis nach Tietzow und Staffelde hinauf erstreckt, der nördliche Teil ist sandiges, mit Dünen durchsetztes Hügelland, das sich nach der Havel und dem Kremmener See zu sanft abflacht. In diesem Teil des Glien liegt zwischen Velten und Kremmen das Dorf Vehlefanz, einst der Standort einer festen Burg, jetzt eine friedliche Ortschaft, die, obwohl Station der Kremmener Bahn, nur wenig Verkehr aufzuweisen hat. Früher, als die Heerstrasse von Hennigsdorf nach Kremmen über Vehlefanz führte, war der Verkehr durch den Ort reger, aber seit Eröffnung derTöpperbahn, wie die Strecke im Volksmunde heisst, ist er erheblich gesunken, und da der Vorortverkehr der Kremmener Bahn nur bis Tegel reicht, so verirrt sich der Fuss eines Wanderers nur selten bis in diese Gegend. Denn mit Natur­schönheiten ist die Umgebung von Vehlefanz nur in geringem Masse bedacht, <

und es gehört ein gewisser Mut dazu, in das unbekannte sandige Gelände *

vorzudringen.

Aber ein echter märkischer Wanderbruder lässt sich nicht so leicht von seinem Vorhaben abschrecken, und aller Abmahnungen ungeachtet be­steigen wir dieKachelbahn, wie die Strecke der Ofenindustrie bei Velten wegen auch genannt wird, und gleiten in massiger Eile über Tegel, Hennigs­dorf und Velten nach Vehlefanz. Der Ort selbst liegt eine Strecke vom Bahnhof entfernt, wir müssen eine sandige Landstrasse durchschreiten, ehe wir ins Dorf gelangen, aber wenn wir diese Zufahrtsstrasse hinter uns haben, fühlen wir uns angenehm enttäuscht, denn statt eines nüchternen, sandigen Ortes nimmt uns ein gemütliches, mit Bäumen bepflanztes und mit Gärten geschmücktes Dorf auf, das lang hingestreckt zwischen Sandhügeln am Rande eines sumpfigen Geländes liegt. Durch eine Art Hohlweg gelangen wir zur Dorfkirche, dem Punkte, wo sich die Geschichte des Ortes am dauerhaftesten niederschlägt, und befinden uns, nachdem ein kleiner Hügel erstiegen ist, vor einem einfachen Gebäude, so im Stil Friedrich Wilhelms I., mit Querflügeln am Langhause und einem viereckigen Turm mit welscher Haube an der Westseite, alles mit graugelbem Kalkputz überzogen. Von architektonischen Zierraten ist keine Rede, auch der grüne Schmuck von Epheu und anderen Schlinggewächsen, der den Dorfkirchen einen so anheimelnden Eindruck verleiht, fehlt gänzlich; nur neben dem Südeingang ist ein Grabstein eingemauert, der in langatmiger Inschrift verkündet, dass Herr Kaspar Friedrich Lietzmann, königl. preussischer Oberamtmann und Pächter zu Vehlefanz im Jahre 1766 selig entschlafen ist.

Mit geringen Erwartungen betritt man das Gotteshaus, aber das nüchterne Äussere ist erfreulicherweise nicht vorbildlich für die Ausstattung des Innern gewesen. Schon in der südlichen Vorhalle finden sich die schön gearbeiteten Grabsteine zweier Herren von Putlitz, der GebrüderChristoff und Moritz Gans Edler zu Potlist, diehier zu Felfautz im Jahre 1607 kurz nach einander an den Pocken gestorben sind. Die aus Sandstein gefertigten Grabplatten zeigen in sauberer Ausführung die Gestalten der Verstorbenen im Plattenpanzer des 16. Jahrhunderts, mit gefalteten Händen

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