Heft 
(1903) 12
Seite
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13. (5. ordentliche) Versammlung des XII. Vereinsjahres.

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Einen weiteren dankenswerten Schritt auf diesem Wege bezeichnet der Erlass des Reg.-Präsidenten zu Trier vom 10. Mai d. J. Darin heisst es:

Bei Bauern- und Bürgerhäusern in kleineren Orten ist häufig eine unzweckmässige Bauweise und eine, das Strassenbild oft geradezu ver­unstaltende Ausbildung der Fassade zu beobachten. Der Grund hierfür dürfte nicht in letzter Linie darin zu suchen sein, dass es denjenigen Bauunternehmern und Maurermeistern, auf welche die Baulustigen durchweg angewiesen sind, an Gelegenheit fehlt, ihren Geschmack zu bilden und zu lernen, wie sich eine praktische Baumverteilung mit einem gefälligen Äusseren vereinigen lässt. Eine Besserung möchte vielleicht zu erreichen sein, wenn für den Bau von Bauernhäusern und kleineren Bürgerhäusern Vorbilder zugänglich gemacht würden, die unter voller Beobachtung der Vorschriften der Bauordnungen gut disponierte Grundrisse und einfache, gefällig gegliederte Fassaden aufweisen.

Das Zentralblatt für das deutsche Baugewerbe vom 15. Juli 1908, dem wir diese Mitteilungen entlehnen, fügt hinzu:

Freilich darf nicht verkannt werden, dass es nicht so leicht sein dürfte, selbst durch mustergültige Vorbilder geschmackvolle Ausführungen herbeizuführen, wenn nicht der befähigte Urheber der Vorlage auch deren Umarbeitung und Anpassung in die Hand nehmen kann, denn von denjenigen Baugew'erken, deren höchster Stolz die sinnlose Nachäffung grossstädtischer Stuck- und Verblenderfassaden ist, kann man eine richtig empfundene Ausführung einer noch so vorzüglichen Skizze sicher nicht erwarten.

Trotzdem muss, wenn überhaupt etwas erreicht werden soll, auf diesem Wege fortgeschritten werden. So hat der Verein für Vierländer Kunst und Heimatkunde in Neuengamme vor kurzem durch einen Wettbewerb (vergl. S. 135) recht ansprechende und zweckmässige Entwürfe für Einfamilien­häuser in der überlieferten Vierländer Bauweise gewonnen. Er hat dabei aber zugleich sich bereit erklärt, die Übertragung der Ausführungs­zeichnungen an den Urheber des zu benutzenden Entwurfes zu befürworten und hat ferner Preise im Betrage von 300, 200 und 150 Mk., bestehend aus Einrichtungsgegenständen in Vierländer Art, ausgesetzt für diejenigen Besitzer, welche zuerst nach den kostenlos zur Verfügung gestellten, preis­gekrönten Entwürfen neu bauen lassen. Gewiss ein äusserst zweckmässiges und verständnisvolles Vorgehen, das allerwärts Nachahmung verdiente.

Aber auch kleinere Aufgaben, die zur Vervollständigung dieser Bestrebungen wesentlich beitragen würden, harren überall in grosser Zahl der Lösung. Wir greifen nur eine heraus, die sich als Gegenstand eines Wettbewerbs für alle kleinen Landstädtchen vorzüglich eignen würde und deren Aufnahme jedem Kunstfreund, der z. B. durch die alten Landstädtchen der Mark wandert, besonders wünschenswert erscheint: der einfache, aber geschmackvolle und sachgemässe Anstrich nicht eine mit allerhand unverstandenem Schnörkelkram verunstaltete Bemalung der alten in ihrer Schlichtheit so anziehenden Fachwerkhäuser, bei denen nur das Holzwerk in entsprechender Weise abgesetzt zu werden braucht, um dem Strassenbilde

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