13. (5. ordentliche) Versammlung des XII. Vereinsjahres.
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den Vorschlägen des Herrn Sello und unter dessen dauernder Mitwirkung angelegt und bitte ich unsere Mitglieder und Freunde diese Centralstelle mit allen Ihnen vorkommenden Nachrichten über Rolande und Rolandsforschung zu vergehen.
c) Die Roland-Figur wird immer mehr als Bildsäule volkstümlich. So sind mehrere der neuesten Bismarck-Säulen, z. B. die Hamburger, rolandartig aufgefasst. Ebenso das Kriegerdenkmal zu Tientsin in Nord-China für unsere im chinesischen Feldzuge gefallenen oder gestorbenen Mannschaften, nach dem Entwurf von Professor von Uechtritz. Die rolandartige geharnischte Figur stützt sich links auf den Schild, rechts auf das mächtige Schwert.
d) Zu den versprengten Rolandsfiguren gehört auch der seltsam anmutende Roland zu Ragusa in Dalmatien, über den Emil Granichstaedten im Berl. Lok.-Anz. vom 1. August 1903 folgende Mitteilung macht.
Ehe ich von Ragusa Abschied nahm, wollte ich aber doch noch das Rätsel eines Denkmals enthüllen, das mir schon bei meiner ersten Wanderung durch die Stadt seltsam aufgefallen war und mich immer aufs neue zur Nachfrage reizte, wenn ich abends bei Mondschein und Bogenlichtbeleuchtung auf der Terrasse des Kaffeehauses am Domplatze sass und zu dem — Roland hinüberblickte, der, völlig gleich im Typus wie der Roland in der märkischen Stadt Brandenburg und in vielen anderen norddeutschen Städten, als Markt Wahrzeichen steif und gerüstet, aber barhaupt, das Schwert in der Hand, vor einer Marktsäule auf der Piazza steht. Solcher Roland ist in keiner italienischen, keiner anderen dalmatischen Stadt zu sehen, der ist ganz besonders nach gut altbrandenburgischem Muster angefertigt und steht auf der Piazza in Ragusa! An der Flaggenstange, die sich aus der Marktsäule erhebt, hissten die Ragusaner ihre Flagge, und der Roland war ihnen das „Wahrzeichen ihrer Handelsfreiheit“, — Wie kam der Roland nach Ragusa? Da ich hier weder Zeit noch Gelegenheit hatte, in Bibliotheken zu forschen, so wendete ich mich an den gelehrten Geschichtsprofessor der nautischen Schule in Ragusa, Professor G. Gelrich, der mir nun freilich mit einem Worte das Rätsel löste. Dieser Roland ist um das Jahr 1400 herum oder etliche Jahre später — das genaue Datum ist nicht festgestellt worden — von König Sigismund von Ungarn der Stadt Ragusa gestiftet worden. Dieser König von Ungarn war als solcher auch souveräner Schutzherr von Ragusa und empfing von der Stadt den jährlichen Tribut von 500 Dukaten. Dieser König von Ungarn war aber auch von 1411—1437 Deutscher Kaiser und war — wie in Berlin jedermann weiss — bevor er noch König von Ungarn und Deutscher Kaiser wurde, Markgraf von Brandenburg. Als solcher — nicht als König von Ungarn — kannte er aus seinen treuen brandenburgischen Städten das Wahrzeichen des Roland, und da er den Ragusanern ihre Handelsfreiheit bestätigte, stiftete er ihnen seinen ihm vom Stammlande her geläufigen Roland, den die Ragusaner noch heute in Ehren halten. — Das also war die reizvolle Lösung dieses Denkmalsrätsels, dass
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