Heft 
(1903) 12
Seite
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Die Mäuse am Denkmal der h. Gertrud.

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Mäusen etc. (Geschichtsklitterung, herausg. v. A. Alsleben, S. 326.) Später S. 412 liesst man:St. Gertraut mit Mäusen die den Mägden das Werck abbeissen. Abraham a Sancta Clara sagt: die h. Jung­frau Gertraud wird jederzeit als eine Äbtissin mit einem Stab entworfen, an welchem etliche Mäuss aufkriechen, die Ursach dessen such der Leser in der Lebensbeschreibung erstbenannter Heiligen, diessmahls ist das schon genug, dass die Bildniss besagter H. Gertraud niemahlen ohne Mäuss vorgestellt wird.

Man hat zweifellos so behauptet W. Drexler*) den h. Colum Cille, der Schlangen unschädlich machen konnte, durch Missverständnis in eine h. Kakukilla gewandelt. Da es sich um Segen gegen bösartiges Getier handelte, rückte die fromme Äbtissin ohne weiteres an die Stelle des Heiligen.

(Vom Vertreiben der Mäuse und Ratten.) Das Vertreiben der Mäuse und Ratten ist für Leute, die wenigerfromm sind, nicht so einfach, daher sich auch die Herren Kammerjäger gebührend bezahlen lassen.

Ausser der h. Gertrud beschäftigten sich damit die Heiligen Ulrich, Magnus**), Micasius, Medardus, Nicolaus***) u. s. w.

In Böhmen meint man: ein alter Schuh genüge; man hätte ihn nur rückwärts ins Wasser zu werfen, und verschwunden seien Mäuse und Ratten, f)

In Ungarn (im Kalotaszeger Bezirk) verjagt man sie am St. Georgs­tag mit folgenden Worten:Ratten und Mäuse! heute ist der Tag des h. Georg. Ich beschwöre euch im Namen des Heiligen, geht in das schwarze Meer! Aus dem schwarzen Meer sollen euch schwarze Frauen ins weisse Meer werfen. Aus dem weissen Meer sollen euch weisse Frauen ins rote Meer werfen. Im roten Meer sollen euch die roten Frauen fressen ff)

Minder bequem sind unsere landläufigen Mittel. Die zum Tode verurteilten Mäuse und Ratten, d. h. jene, die wir erst fangen wollen, werden bekanntlich, abgesehen von Fallen, mit vergiftetem Weizen oder Hafer und verlockend aussehenden Würsten, Glires genannt, bedacht. Oder man greift zu Glasstückchen, Gips, Werg u. s. w., oder man bringt dem gesamten Volk den Typhus bei, für welche grausame Behandlung

*) W. Drexler, Noch einmal Sancta Kakukakilla-Cutubilla. S. 341 f. (Z. d. V. f. V. 1898.)

**) M. Hoefler, Die Kalenderheiligen als Krankheitspatrone beim bayerischen Volk. S. 292 f. (Z. d. V. f. V. 1891.)

***) K. Weinhold, Z. d. V. f. V. 1895, S. 421.

f) Paul Sartori, Der Schuh im Volksglauben. S. 148f. (Z. d. V. f. V. 1894.)

ff) Anton Herman, Der volkstümliche Kalenderglaube in Ungarn. S. 3921. (Z. d. V. f. V.)