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Die Mause am Denkmal der h. Gertrud.
sich die Tiere ein andermal durch Seuchenverschleppung rächen. Für Schiffe wird die Anwendung von Kohlensäure empfohlen.*)
Vereinzelt hört man die Meinung, dass Schlangen gute Rattenfänger sind, und dass eine Kröte im Keller die Mäuse vertreibt. — Einige Mittel aus der Pflanzenwelt sollen nachher noch Erwähnung finden.
Am allereinfachsten ist — nach dem Volksglauben — ein bestimmter Lärm. „Mäuse werden mit Schlüsseln und Trommeln vertrieben.**) — Die Wenden im Spreewald sagen: „Wenn man Ratten vertreiben will, soll man in der heiligen Nacht dreimal mit der Kette tüchtig klirren und um das ganze Haus laufen.***)
So könnte die h. Gertrud die Schlüssel, die sie als Hausfrau oder Herbergsmutter bei sich trägt, auch gleich zur Verscheuchung von Mäusen und Ratten benutzen.
Es ist nirgends gesagt worden, ob in den zahlreichen Spitälern und Krankenhäusern, deren Schutzherrin sie war, die kleinen Ungetüme sich gezeigt haben oder gar nur mühsam zu vertreiben gewesen sind. Heute ist das Berliner Gertraudten-llospital, das mit seiner kleinen Kirche bis 1881 auf dem Spittelmarkt stand, nicht mehr daraufhin zu prüfen.
(Die h. Gertrud als Schutzheilige der Reisenden und fahrenden Schüler. — Minnetrunk. — Der Seelen erste Nachtherberge bei der h. Gertrud.) Nicht nur als Schutzherrin der Spitäler und Krankenhäuser, demnach als Trost der armen, schwachen und kranken Leute, ward die Heilige angesehen; sie galt auch als Schutzheilige der Reisenden und fahrenden Schüler, und darunter werden doch gewiss immer recht viele lustige Brüder gewesen sein.
So mag es gekommen sein, dass man der frommen Äbtissin auch gern einen Trunk darbrachte. Die Gertraudsminne f) ist ein lange ausgeübter Brauch gewesen, gleich der Ulrichsminne, ff) Johannisminne, Michaelsminne fff) u. s. w.
Für manchen hartgesottenen Sünder wird es ein beruhigendes Gefühl gewesen sein, auch noch nach dem Tode gastfreundschaftliche Beziehungen zur h. Gertrud haben zu können. Der Volksglaube hielt gern an der Vorstellung fest, dass die den Lebenden so gütige Herbergspatronin auch den Gestorbenen freundlich gesinnt sein werde;
*) D. Tagesztg. 28. Mai 1900.
**) Paul Sartori, Glockensagen und Glockenaberglaube. S. 358f. fZ. d. V. f. V. 1897.)
***) W. v. Schulenburg, Wendisches Volkstum in Sage, Brauch und Sitte. ( 1882.) S. 125.
f) M. Hoefler, a. a. O. 295. ft) Ebd. 299.
fff) Z. d. V. f. V. 1901, 195.