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Cie Mäuse am Denkmal der h. Gertrud.
Pflanzen verdanken ihren Namen den Mäusen, z. B. das Vergissmeinnicht, lat. Myosotis, ferner das zierliche Pflänzchen Myosurus minimus L., der „kleinste Mäuseschwanz“ genannt, Bromus sterilis L., die taube Trespe oder der Mäusehaber u. s. w. Welche Pflanze mag mit dem Namen „Gertrautenblümel“ gemeint sein? Nach Weinhold ist dieses Blümchen für die Sennerin ein Schutz gegen den abscheulichen Schratei, der sie mit seiner Zuneigung verfolgt.*) Es giebt mehrere „Gertraudskräuter“, die in Bayern zu den „Mechthildskränzen“ verwandt und ins Sonu- wendfeuer geworfen werden. (Hoefler.) Wie gross der Einfluss der Heiligen auf die Pflanzenwelt sein muss, erhellt aus der Meinung: in der Gertraudsnacht (in der Nacht zum 17. März, dem Todestage der Heiligen) gehe die Wärme von der Erde auf. (Hoefler.) Dann können aber auch der Zwerghollunder (Sambucus Ebulus L.) und der Bärenoder Zigeunerlauch (Allium ursinum L.) gedeihen; wenn man die frische Hollunderpflauze (auch Eppich oder Attich genannt) in die Scheune wirft, gehen die Mäuse davon, und der Zigeunerlauch vertreibt die Ratten.**)
In der Grafschaft Hohenstein heisst es: „Wenn der Besitzer eines Gehöfts Charfreitag in jede Ecke seines Scheunenraums einen Erlenzweig setzt, so wird das Getreide im kommenden Jahre vor Mäusen u. s. w. geschützt sein.***)
Im Anhaitischen, in Gross Radegast, wird die Johanniskrone, sobald der erste Roggen eingefahren wird, von ihrem Ort herab- genorriinen und in vier Teile zerrissen, von denen je ein Stück in die vier Ecken der Scheune gelegt wird. Dadurch soll das Korn vor Mäusefrass geschützt werden. In Zehmitz lässt man die Krone nur !) Tage an ihrem Platze hängen; am zehnten Tage bringt man sie gleichfalls zum Schutze gegen die Mäuse in die Scheuer. Wenn die Ernte am Sonnabend begonnen wird, — so glaubt man ziemlich allgemein — wird sie trocken eingebracht, ihr Ertrag ein grösserer und vor Mäusefrass geschützt sein. Es ist verboten, das erste Bund — das in die Scheune gebracht wird — mit blossen Händen anzufassen, weil sonst die Mäuse in die Scheune kommen. Der Bauer in Gross Kühnau nimmt aus der ersten Garbe einige Halme mit Ähren, bindet sie kreuzweise zusammen und spricht: „Ich binde euch kreuzweise zusammen und trage euch in jeder Ecke, dass sich hier alles Ungeziefer versammeln muss; helfe es Gott!“ u. s. w. Auch der Rest des Getreides, „auf dem Halm stehend“, ist für die Mäuse.f)
*) Weinhold, Z. d. V. f. V. 1896, 323.
**) Karl Gottfried Hagen, Preuesens Pflanzen (1818).
***) Keichhardt, Volksaberglauben u. s. w. (Aus der Heimat, 1896.) f) O. Hartung, a. a. 0. (1897.) 1471