460 Nachtrag zu meinem Vortrage „Die Mäuse am Denkmal der h. Gertrud. 1 *
Mäuse im Lande bedeuten fremde Völker und Krieg.“ *) — Nach einem sowohl bei Völkern slavischen wie deutschen Stammes weit verbreitetem Aberglauben, der auch schon bei den Römeru zu Hause war, lässt sich aus dem Nagen einer Maus auf den nahen Tod eines Ilaus-' bewohners schliessen. Wie die Begriffe von Maus und Tod identifiziert werden, zeigt schon die Redensart „mausetot.“ (Es lässt sich dieser Ausdruck vielleicht auch darauf beziehen, dass die Maus sehr leicht, durch den leisesten Schlag, getötet wird.“)
Elard Hugo Meyer, Germanische Mythologie. (1891.) S. 64. „Die Seelen Verbrannter verfolgen Hatto von Bingen als Mäuse. (Z. f. d. Mytli. 2, 405. Kochholz, d. Glaube 1, 156. Liebrecht, Volksk. 332) „Mäuse pfeifen“ heisst „den Seelen ein Zeichen geben“, vgl. auf See den Winden pfeifen, norwegisch (Liebrecht, Volksk. 332). Die Seele kriecht als weisse Maus aus dem Munde einer Magd und wird ein Baum und Ross drückendes Schrättele (Birlinger, Volksl. a. Schwaben 1, 303). Kinder verschwinden als Mäuse unter einer heiligen Tanne, als Ratten im Koppelberg bei Hameln (Harrys, Nieders. Sagen 1, 48. Mannhardt, Germ. Myth. 267), vgl. die bei Lorch in den Berg gepfiffenen Mäuse (Wolf, Beitr. z. d. Myth. 1, 172). Da die Seele in der ersten Nacht nach dem Tode bei der h. Gertrud übernachtet, so werden die Mäuse und Ratten, die an und auf der Heiligen und ihrem Spinnrocken dargestellt werden, zunächst die Seelen bedeutet haben. Weisse Mäuse im Haus bringen Glück (Wuttke, D. Volksab. 11, S. 77. So wird die weisse Seelenmaus zum drückenden Schrättele. — S. 133. Seelen kommen aus dem Elbenreich (Rochholz, Schweizers. 1, 245. Kuhn, Sagen a. Westf. 1, 240). Alp die dem Körper entschlüpfte Seele (Witzschel, Sag. a. Thüring. 2, 266). Auch die Mar schlüpft seelengleich als Maus aus dem Schlafenden oder Sterbenden (Wolf, Ndrl. S. 343. Bartsch, Sag. a. Mecklenb. 1, 139, 197). Wie Elben sind Seelen schwarz und licht. — S. 177. Da die Seelen als Mäuse gedacht wurden, so wird sie (d. h. Gertrud) dargestellt als Spinnerin, an deren Rocken, Kleid und Kopf Mäuse oder Ratten hinauf laufen. (Panzer, Beitr. z. d. Myth. 2, 552).
Montanas, Die deutschen Volksfeste, Volksbräuchen, s. w. (1854.) IV. S. 172. „Viel Mäuse bedeutet Krieg; Wandermäuse verkünden Ileerzüge; weisse Mäuse zeigen die nahe Pest.
E. Lemke, Volkstümliches in Ostpreussen I. (1884.) S. 91. „Zeigt sich in einem Hause eine weisse Maus, so kann man darauf gefasst sein, dass dort bald eine Leiche stehen (liegen) wird.“
*) Krieg = „grosses Sterben." E. L.