404 Nachtrag zu meinem Vorträge „Die Mäuse am Denkmal der h. Gertrud.“
Branntwein kochen, diesen „geläutert“ in andern Branntwein giessen und dem Trinker verabreichen. [Letzteren wäre die freundliche Gertrudsminne gewiss lieber.]
111. Frauen-Ztg., 1897, No. 20 (Städte-Wahrzeichen“ von H.) „Die Maus in der Marienkirche zu Lübeck ist das vornehmste Wahrzeichen der Stadt. Von ihr geht die Sage, dass ein Lübecker Bürgermeister das Steinbild — es ist eine Scene aus der Leidensgeschichte Christi, umrahmt von einem Eichbaum, an dessen Stamme eine Maus nagt — gestiftet und dabei gesagt habe: „Ehe nicht die Maus diesen Stamm
durchnagt hat, wird Lübeck nicht untergehn.“ Tn Wahrheit ist die Maus nichts anderes, als das Sinnbild des Todes, wie es in früherer Zeit häufig angewandt wurde. — Die Sage vom Rattenfänger von Hameln ist ja auch darauf zurückzuführen, dass in verschiedenen Städten — nicht bloss in Hameln — Votiv-Bilder zum Andenken an ein grosses Sterben aufgestellt wurden, auf welchen der. Tod als Spielrnann, die Kinder als sein Gefolge und Mäuse als Sinnbild der Seuche oder des Todes dargestellt sind. Alles andere ist Zutat der schaffenden Volks- Phantasie.“
Tn der Festschrift „Das Germanische National-Museum 1852 — 1902“ ist eine Abbildung der „Grabplatte Kaiser Friedrich III im Stephansdome zu Wien. Um 1490.“ (Der Gypsabguss befindet sich in G. N) Wir sehen da unten ein kleines Tier, dem der Kopf abhanden gekommen ist. Sollte das Tier (mit langem Schwänze) eine Maus gewesen sein?
Aus den niederen Gefilden des (leider so vielfach als blosser Unverstand bezeichneten) Volksglaubens trugen Künstler und Dichter zahllose Einzelheiten zu weit sichtbaren Höhen. So ist es auch den Mäusen und Ratten ergangen, und es sei daher an die anmutigen Märchen von Ernst Moritz Arndt (mit Anmerkungen herausgegeben von Ludwig Frey tag, Berlin 1902) erinnert. „Es sind keine Volksmärchen im strengen Sinne, insofern sie nicht direkt dem Volksmunde nacherzählt sind; trotzdem sind sie auch wissenschaftlich nicht wertlos, denn der Kern ist offenbar volksmässig.“ (L. F., I. S. V.) Die „Geschichte von den sieben bunten Mäusen“ meldet, wie eine über das Naschen ihrer Kinder erzürnte Mutter ausruft: „Der Blitz! Ich wollte, dass ihr Mausemärten alle zu Mäusen würdet.“ Der Wunsch ging sogleich in Erfüllung, und die arme Mutter folgte den dahineilenden Mäusen bis zu einem Gewässer, in das die Kleinen hineinstürzten; sie selbst wurde zu Stein. Allnächtlich um Mitternacht umtanzen die Mäuse den alsdann klingenden Stein. „Und das ist die einzige Zeit, da die Kinder und die Mutter sich verstehen können und von einander wissen; die übrige Zeit sind sie wie tot.“ Busch und Teich dort — am Dumse- witzer Feld (Rügen) — heissen der „Mäusewinkel“. Mausmarten (so erklärt Arndt selber das Wort) ist ein kleiner Dieb oder Mauser, was