Nachtrag zu meinem Vortrage „Die Mäuse am Denkmal der h. Gertrud.“ 455
uns natürlich an unser mausen, wegmausen u. s. w. mahnt. Was die Verwünschung anbelangt, so äussert sich L. F. (I, S. 5): „Verwünschung in Mausgestalt ist verhältnissmässig selten in Fällen, wo (wie hier) eine Erlösung (wenn auch ungemein schwer) möglich ist, denn die Maus ist chtonisch und überwiegend dämonisch. Ist der verwünschte Geist erlösungsfähig, so hat er meist ein weisses Haar resp. einen weissen Flecken in dem schwarzen Haare resp. auf der weissen Haut.“ Die Kinder hatten Äpfel und Nüsse genascht. In einer Anmerkung (II, S. XII) heisst es: „Musmarten ruft die Jugend am Martinstage, wofür sie Äpfel, Nüsse u. s. w. bekommt.“ In der Vorrede zu II nennt der alte Arndt die jugendliche Adelheid — der das Buch gewidmet ist — ein freundliches, blauäugiges Muserömchen d. i. Prachtmäuschen. (Der Zärtlichkeitsausdruck „mein Mäuschen“, ostpr. selbstverständlich Mäuschen, in Pommern „Mäusing“, ist ausserordentlich beliebt.) Das letzte Märchen in Th. 11 heisst „Wo piepen die Müse!“ und hat mit Schatz-Gewinnen zu tun, wofür gleich ein anderes Beispiel bei’angezogen werden soll. Doch vorher sei noch auf das Märchen (I, S. 271 f.) vom „Rattenkönig Birlibi“ aufmerksam gemacht. Obgleich es sich um keine Volksüberlieferung, sondern um das Werk eines Poeten handelt, gebe ich hier eine Strophe der Rattengesänge wieder: „Ich bin der grosse Rattenkönig; komm her zu mir, hast du zu wenig! Von Gold und Silber ist mein Haus; das Geld mess ich mit Schelfein aus.“
Friedreich. S. 429f. „So wie andere dämonische Tiere unterirdische Schätze bewachen, so auch die Maus; und das alte jüdische Sprichwort „Die Maus liegt auf dem Golde“ (Buxtorf, lex. chald. talm. rabb. p. 1605) wirft Licht auf folgende Sage. (Nock, Mythologie der Volkssagen, S. 389): Ein armer Krämer ging durch den Böhmerwald gegen Reichenau; und müde und hungrig setzte er sich nieder, um ein Stück Brod zu verzehren. Während er ass, sah er eine Maus vor sich sitzen, die ihn anschaute, als erwarte sie etwas von ihm. Als er sein Brod mit dem Tiere geteilt hatte, begab er sich zu einer nahen Quelle, um zu trinken; und als er wieder zurückgekehrt, sah er ein Geldstück liegen und die Maus — aus einem Loche hervorkommend — ein zweites, drittes u. s. w. Goldstück herbeitragen. [Dankbar wie jene Maus, die den Löwen aus dem Garn befreite.] Da öffnete er nun dieses Loch und fand einen Schatz von lauter Goldstücken; die Maus aber war verschwunden. In der Dreifaltigkeitskirche zu Reichenau in Böhmen soll die Geschichte in Stein ausgehauen sein. — In noch manch anderem Teufelsspuke spielt die Maus eine Rolle, ln der Stadt Grimmen fährt in der Wal burgisnacht*) ein Wagen mit sehr starkem Gerassel, an
*) Auch der Rattenkönig Birlibi (bei Arndt) zog in der Nacht nach dem „Walpurgisabend“ mit Lärm- und Glanz durch den Wald.