Heft 
(1903) 12
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14. (6. ordentlichel A'ereammlung des XII. Vereinsjabres.

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und Hollands einerseits und mit denen der siebenbürger Sachsen und der Deutschen des Banats andrerseits aufzusuchen, denn auch Sieben­bürgen und das Banat wurden ebenso wie der Fläming von lierbei- gernfenen Einwanderern derselben Herkunft besiedelt und kolonisiert.

Wollte man an diese Aufgabe mit Ernst herantreten, dann wäre allerdings keine Zeit zu verlieren und es müsste recht bald mit der Sammlung der Volkstrachten und ihrer Feststellung im Bilde vorgegangen werden, immerhin schon jetzt eine schwierige Aufgabe, da diese Trachten seit den letzten Jahrzehnten im Verschwinden begriffen sind und nur spärliche Überreste sich erhalten haben. An diesen Überbleibseln aber halten die Besitzer zähe fest und trennen sich nur ungern davon. Zur Ermittelung und Erwerbung solcher Volkstrachtstücke würde die Mitwirkung der Landgeistlichen eine sehr schätzbare Hülfe gewähren, sofern es gelänge, die Herren an der Sache zu interessieren.

Auffallend schnell hat sich das Landvolk seiner schmucken, zum Teil schönen und der Gestalt wie dem Auftreten des Bauern so wohl angepassten Trachten entwöhnt. Die Jahre nach dem grossen Einigungs­kriege bezeichnen auch hier den Wendepunkt, denn noch in den sechziger Jahren des abgelaufenen Jahrhunderts kamen die Bauern aus der weiten Umgebung von Treuenbrietzen zu den Jahrmärkten in ihren bunten ab- wechselungsreichen Trachten, die auf dem Flämmig fast von Dorf zu Dorf verschieden w r aren, nach der Stadt herein und da war es ein er­frischender Anblick, die Frauen und Mädchen zu sehen in ihren grossen Hauben mit Flügeln und den breiten seidenen Bändern daran, die von der Kopfbedeckung bis fast auf den Erdboden herabreichten, in ihren kurzen gefältelten bunten Röcken mit den farbig gemusterten seidenen Schürzen; die Männer in dunkelen langen Röcken, meist schwarz oder dunkelblau und den steifen schwarzen Schirmmützen, an jeder die preussische Kokarde. Das war ein lebensvolles farbenfrisches Bild, bunt ohne auf­fallende grelle Farben, dem selbstbewusst gemessenen Auftreten der Bauern würdig angepasst. Doch das ist vorbei und für immer dahin. Jetzt kleidet der Bauer sich modisch und suchts dem Städter gleich zu tun, durchaus nicht zum Vorteil seiner äusseren Erscheinung. Unter den vom Museum erworbenen 2J Stücken sind besonders bemerkswert folgende:

1) Der Alltagsanzug einer Bäuerin vom Hohen Fläming, der bunt­gestreifte gefältelte Rock aus Luthersbrunn, die Jacke dazu aus dem benachbarten Marzahne. Der Stoff ist fest und dauerhaft, der der Jacke braun mit bunten Streublumen. Die Ärmel haben Keulenform, wie solche vor 10 Jahren etwa allgemein Mode waren.

2) EinAbendmahlsanzug aus Luthersbrunn, aus schwarzem, bemerkenswert feinem Tuch, ebenfalls mit Keulenärmeln. Zu dem Kleid