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(1908) 17
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Bobert Mielke.

namentlich für die landschaftliche Stimmung verhütete eine theatralische Schaustellung der intimen Reize dieser Kunst. In die Stadt gebracht zum Glück ist das nur vereinzelt der Fall ist sie aber zur Kulisse veräußerlicht. Man muß diese Unterschiede betonen, weil in den letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts und darüber hinaus sich diese romantische Strömung, namentlich in der Berliner Vorstadt, von neuem zur Geltung bachte, ohne die landschaftliche Großzügigkeit jener älteren Periode, ohne die feinsinnige Architektur und ohne die Mittel einer damit vorauszusetzenden Landschaftskunst auch nur im geringsten zu besitzen. So ist es gekommen, daß sich in der Häufung theatralischer Motive ein gänzliches Verkennen selbst der einfachsten ästhetischen Gesetze über Zweck, Ort und Stoff bemerkbar macht, das nicht mehr sachliche, sondern rein äußerliche Dekorationsabsichten zur Schau trug. Damit war die Losung ausgegeben, nicht mehr, wie früher, ein llaus als Teil eines Straßenganzen, sondern als ein Werk für sich zu bauen, das keine Rücksicht auf seine Umgebung nehmen brauchte. Selbst bei ganz jungen Straßen, wie u. a. bei der Kaiser Wilhelmstraße, die an die Stelle derAlten Linie getreten ist, macht sich dies in dem Bestreben,hohe Mietshäuser zu er­bauen, rücksichts­los geltend.

Darin liegt die eine Seite dieser Entwicklung, daß man glaubte, durch souveräne Willkür in der Anwendung gespreizter Stilfor­men eine Stadt wie Potsdamverschö­nern zu können.

Ein großer Irrtum, aber in seinem Ursprünge doch entschuldbar! Die gefährlichere andere liegt in der zunehmenderen Rücksichts­losigkeit privater Interessen gegen die künstlerischen Werte der Stadt. So manche schöne Architektur, z. B. der Barberinische Palast, ist bereits durch Reklamen verunstaltet worden. Wer vom Bahnhof kommend, das Schloß hinter sich lassend, über den Alten Markt schreitet, findet eine ganze Straßenfront, darin ein recht repräsentables Haus von 1796, von Riesenanzeigen bedeckt. Was in einer Industriestadt zur Not erträglich, wird in einer Kunststadt wie

Abb. 13. Am Alten Markt.