Das alte und neue Potsdam.
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Potsdam zu einer Anklage gegen die rücksichtslose Vernachlässigung des Straßenhildes. Daß eine Stadt auch in alle Zeiten hinein ihre vornehme Ruhe und Zurückhaltung bewahre, ist nicht zu verlangen; aber sie muß sich immer auf ihre Vergangenheit berufen, um die Wellen des modernen Verkehrs in ihrer heftigsten Brandung brechen zu können. Auch unser Potsdam ist von dem altvaterischen Pferdebahnbetrieb zu einer zeitgemäßen elektrischen Leitung fortgeschritten. Das ist sowohl vom ästhetischen wie vom verkehrstechnischen Standpunkte ans zu begrüßen. Ob die Stadt indessen auch in dieser Sache richtig beraten war, ist eine andere Frage. An die Stelle der alten Langen Brücke ist ein Monumentalbauwerk getreten, das besonders schön und scharf in seinen charakteristischen Linien hervortritt, wenn man es von der Seite betrachtet. Von vorn gesehen, vermißt man allerdings eine größere und wuchtigere Linienführung an den beiderseitigen Brüstungen, die das Bauwerk als solches aus der Straße hervorhebt. Doch darüber mögen
Abb. 14. Lange Brücke.
die Ansichten verschieden, einig aber dürfte man über die völlig verunglückte Einrichtung der elektrischen Bahnleitung sein. Unsere Technik, welche groß im Besiegen aller Schwierigkeiten ist, hat hier völlig versagt. Die vielen dürren Eisenständer, welche vielleicht durch einen geschlosseneren Baumhintergrund wenigstens in ihrer mastbaumartigen Unbehiilflichkeit gemildert werden könnten, haben den ehemals reizvollen Blick auf das Schloß vollständig vernichtet. Überall in den Straßen trifft man auf diese Ständer, die durch llervorkehren historischer Sinnbilder zwar eine bewußte Anlehnung an den Ortscharakter bekunden,