Issue 
(1908) 17
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Robert Mielke.

aber dadurch nur noch aufdringlicher wirken. Für sie gibt es eben keine friderizianischen Vorbilder; darum wäre man glücklicher gefahren, wenn man für eine neue Aufgabe auch keck neue Formen gesucht hätte, die sich aus der Bestimmung unschwer ableiten lassen.

Noblesse oblige! Eine Stadt wie Potsdam stellt an die Einwohner bestimmte Anforderungen inbezug auf künstlerische Kultur, der sich der einzelne im Interesse der Gesamtheit unterwarfen muß. Umgekehrt aber darf man auch erwarten, daß für Straßen und Plätze Bebauungsgrund­sätze aufgestellt werden, die den Friedrichsschen Straßenbildern gerecht werden. Wie schon oben erwähnt, gehört zu den alten Fassaden eine Bepflanzung der Straßen, welche sich nach den örtlichen Umständen richtet. So war die Charlottenstraße bis vor kurzem noch mit Rotdorn­bäumen bepflanzt, die jetzt entfernt worden sind. Vielleicht war das nötig; jedenfalls aber sollte man wieder an eine neue Bepflanzung denken. Die kahle Öde, welche die Straße jetzt bietet, raubt den alten Bauten eine ihrer wesentlichsten Wirkungen. Es mag ja dahingestellt sein, ob man sich dabei eng an das Gewesene anschließen soll auch in der Gartenkunst gibt es ja glücklicher­weise eine Ent­wicklung! aber irgend eine Form gärtnerischer Er­gänzung, wird hier, wie an anderen Stellen, notwendig sein, um die gleich­sam frierende Ar­chitektur wieder in eine passende Um­gebung zu bringen.

Nur die Schablone bleibe fern, die Schablone, welche

Ecken, Straßen und Plätze in der Art irgend einer Großstadtvorlage gärtnerisch zu schmücken sucht. Die Nähe von Sanssouci mit seinem Stab von Gartenkünstlern legt Verpflichtungen auf, welche jede städtische Gartenanlage sowohl mit den friderizianischen Bauten wie mit dem architektonisch wirkungsvollen Komplex des königlichen Parkes in Beziehung zu setzen heißt.

Man kann nicht den einzelnen für die Entstellungen im Stadtbilde von Potsdam verantwortlich machen. Die tieferen Ursachen liegen in einer Zeit begründet, die für die Städtebaukunst lange von ganz falschen

Abb. 15. Warenhaus.