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21. (8. ordentliche) Versammlung des XVI. Vereinsjahres.
durch die gespaltenen Blätter des neuseeländischen Flachses (Phormium tenax) abgelöst, die widerstandsfähiger sind, aber in zarte Stengel etwas zu scharf einschneiden. Jetzt ist der aus den Blättern einer Palme an die Stelle getretene harte schmiegsame und doch sehr feste Bast, den Sie in Händen haben, getreten. Unternehmende Berliner Damen haben versucht, ob sich dieses schöne hellgelbe Material nicht zu Kunstwebereien und Kunststickereien verwenden ließe. Der Versuch ist vollkommen geglückt und in jeder Hinsicht nachahmenswert, wie Sie aus den Ihnen vorgezeigten Raphia-Baststickereien, herrührend von meiner Frau und Tochter, ersehen wollen. Die Arbeit ist leicht, wohlgefällig und lohnend.
Eine ausführliche Würdigung des Raphiabastes gibt der ehemalige Direktor des Botanischen Museums und Laboratoriums für Waarenkunde in Hamburg R. Sadebeck im 3. Beiheft zum Jahrbuch der Hamburgischen Wissenschaftlichen Anstalten, Bd. XVIII. 3 Sorten kommen in Handel, gewonnen von den Blättern dreier Palmen. Der helle Bast von der Westseite der Insel Madagaskar gilt als der beste, sandfarbig, etwa 1 1 / 2 m lang, hergestellt aus der Oberseite der Blätter von Raphia pe- dunculata Palisot de Beauvois. Die Eingeborenen fertigen daraus Taschen, Matten, Vorhänge, Mützen u. dgl. und liefern die bunten feinen Raphiagewebe der Eingeborenen. Ein dunkler Raphiabast kommt von der Ostseite Madagaskars, die Spezies ist noch nicht sicher festgestellt. Grobe Raphiamatten hieraus gefertigt gelangen in den Handel. Auch in Deutsch-Ostafrika wird die Raphia in ähnlicher Art viel verwendet, wie Geheimrat Dr. Robert Koch mitteilt.
Endlich gibt es noch einen viel minderwertigeren Raphiabast von Westafrika. Auch diese Pflanze soll botanisch noch unbekannt sein. Er ist nicht so fest und zäh.
Beiläufig sei noch erwähnt, daß eine andere — westafrikanische — Raphia vinifera P. B. die westafrikanische Piassave liefert*).
(Die vorgelegte Baststickerei fand reichen Anklang; dieselbe stammt von Raphia pedunculata her.)
XII. Die Mückenplage in Groß-Berlin im Winter 1907/08 hat in weitesten Kreisen gerechtes Aufsehen erregt und zu vielfachen Anfragen bei uns Veranlassung gegeben. Die große Stechmücke ist im November, Dezember bis etwa Mitte Februar in bislang unerhörten Schwärmen aufgetreten. Uns sind Nachrichten darüber zugegangen, die von Fürstenwalde a. Spree im Osten, bezw. von Zehlendorf und Groß- Lichterfelde im Westen und Süden Berlins bis westlich über Spandau hinaus reichen. Das Sonderbarste ist, daß die Tiere auch da, wo sie
*) Vgl. Mitt. über den Raphiabast von X. Schiller-Tietz im „Prometheus“ 1905,