Heft 
(1908) 17
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21. (8. ordentliche) Versammlung des XVI. Vereinsjahres.

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Kerftierkundiger die Güte gehabt, mir die nachfolgende Auskunft zu erteilen, die demnächst in der von Herrn Dahl und Prof. Dr. Potonie herausgegebenen vortrefflichen Zeitschrift:Naturwissenschaftliche

Wochenschrift erscheinen wird, die ich, wie Sie wissen, so oft zu zitieren in der angenehmen Lage bin.

Leider wissen wir von der Überwinterung mancher unserer ge­meinsten Tiere noch recht wenig, weil man zur Erforschung derartiger Probleme bisher nicht richtig vorging. Vor allem ist bei solchen Untersuchungen eine sorgfältige Unterscheidung der Arten erforderlich und zweitens muß man das Vorkommen in irgend einer Weise statistisch festzustellen suchen. Ich habe in diesem Winter in Steglitz mehrere Mücken gefangen. Es handelte sich immer um Culex (Theobaldia) annulatus Schrank. Die Art zeichnet sich durch weiß geringelte Füße und gefleckte Flügel aus. Von ihr sagt F. V. Theobald (A Monograph of the Culicidae or Mosquitoes, Vol. 4, London 1907, p. 277), daß sie nur im September und Oktober häufig ist und im Herbst 1905 zu einer wahren Plage geworden sei. Die Mückenart, welche im Sommer in unseren Wäldern und auch in den an Wälder anstoßenden Vororten so gemein ist, ist Culex (Culicada) nemorosus Meigen. Sie tritt nach Theobald besonders im Mai und Juni und dann wieder im August auf (ibid. Vol. 2, p. 83). Eine dritte Art, die im allgemeinen bei uns weniger auffällt, ist Culex pipiens L. Sie soll nach Theobald in Kellern und Nebengebäuden (outhouses) überwintern (ibid. V. 2, p. 135), um im März und April, in ausschließlich weiblichen Exemplaren sich wieder im Freien zu zeigen und bis zum Juli in größerer Zahl aufzutreten. Die Tiere, welche Sie in den genannten Gewölben fanden, werden also vielleicht Culex pipiens gewesen sein. Culex annulatus wird im vorigen Herbst wohl deshalb so massenhaft aufgetreten sein, weil das Wetter für die Entwicklung der Art so günstig war. Von unserer gemeinen Art, Culex nemorosus, dürfte sicher sein, daß sie im Eizustand überwintert. Eine solche Überwinterung ist neuerdings in Amerika von einer Anopheles- Art sicher erwiesen. Aus überwinterten Eiern sah nämlich ein dortiger Arzt (wie in einer der letzten Nummern des Journ. Americ. Med. Assoc. Chicago mitgeteilt wird) im Frühling die Larven hervorkommen. Wie statistische Beobachtungen bei derartigen Fragen anzustellen sind, ist an gewissen Fliegen gezeigt worden (Sitzungsber. Akad. Wiss. Berlin Jahrg. 1896 II, S. 21 u. 29). Nach diesen Untersuchungen ist eine braungrau gestäubte Fliege, Pollenia rudis, im Spätsommer im offenen Gelände häufig, im Frühling an Waldrändern fast ebenso häufig, an letztgenannten Orten aber nur in weiblichen Stücken. Unsere Stubenfliege wird zwar den ganzen Winter hindurch in einzelnen Individuen beobachtet. Sie ist aber im ersten Frühling nirgends häufig, dürfte also wohl normaler Weise nicht im ausgebildeten Zustande überwintern.