21. (8. ordentliche) Versammlung des XVI. Vereinsjahres.
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Die Ähnlichkeit mit unseren heimischen palaeolithischen Fundstücken springt, wie bei den früher von mir vorgelegten thebaischen Exemplaren, die ich der Güte des Herrn Professor Dr. Georg Schweinfurth in Kairo verdanke, in die Augen. Nur sind unsere norddeutschen Exemplare vom Wasser- und Eistransport und Abscheuern durch Kies, Grand und Sand in der Regel bedeutend mehr deformiert. Eine Ausnahme machen in Norddeutschland, soweit ich übersehe, die in festen Diluvialtuffen eingebetteten Werkzeuge und Knochen von Taubach, Ehringsdorf und Weimar, welche zur Zeit auf Kosten der Jagor- Stiftung des Berliner Magistrats von Dr. Hahne und Dr. Wüst durch vorsichtiges Abbauen der Schichten untersucht und gesammelt werden. Diese mit dem ganzen Großherzogtum Sachsen geographisch vielleicht mehr zu Mittel- als zu Norddeutschland zu rechnenden Fundstücke (Geweihe, Knochen, bearbeitete Steine) sind zum Teil garnicht abgerollt, jedenfalls viel weniger, als unsere heimatlichen diluvialen Fundstücke. Die beiden plumpen Messer (No. 7) vom Karmel erinnern sehr an unsere sogenannten Austernbrecher von Sylt und aus den Kjökkenmöddinger.
XY. Pithecanthropus erectus, der sogenannte „aufrechte Affenmensch“ ist wiederholt Gegenstand meiner Mitteilungen in der Brandenburgs gewesen. Über das geologische Alter des Pithecanthropus erectus Dubois hat Wilhelm Volz-Breslau in einem Aufsatz: Das geologische Alter der Pithecanthropus-Schichten bei Trinil, Ost-Java, (Neues Jahrb. f. Min., Geol. und Palaeont. Festband 1907, S. 256—271 und Naturw. Wochenschrift vom 12. Januar 1908 S. 30) höchst bemerkenswerte Untersuchungen auf Grund einer Prüfung der Lagerungsverhältnisse mitgeteilt. Man hielt bislang diese in einiger Beziehung menschenähnlichen Knochenreste über die sich Rudolf Virchow, Dubois, Waldeyer, von Luschan, Lissauer u. a. Anthropologen geäußert, für jungtertiär. Volz kommt zu folgendem Schlußergebnis: Die Schichten mit Pithecanthropus erectus sind nicht älter als altdiluvial, aber auch nicht jünger als jungdiluvial und wahrscheinlich in das mittlere Diluvium zu setzen. Hiermit stimmt der palaeontologische Charakter der begleitenden Fauna überein, die nur 2 ausgestorbene Gattungen enthält: Leptobos und Stegodon. Die an den jetzt lebenden langatmigen Hylobates-Affen erinnernden Reste sind nicht etwa älter, sondern mit den gedachten Schichten gleichalterig.
Es gibt nun menschliche Reste, die mindestens ebenso alt, und menschliche Erzeugnisse, die um Aeonen von Jahren älter sind. Hiernach kann davon keine Rede mehr sein, falls Volz Recht hat, daß der Pithecanthropus erectus ein Vorläufer des Menschen, so zwar sei, daß dieser von jenem abstammt. Hiermit würde somit der Pithecanthropus erectus jegliches Interesse für das Alter und die Abstammung unseres Geschlechts verlieren. Was aus dem Pithecanthropus erectus morpho-