Heft 
(1908) 17
Seite
60
Einzelbild herunterladen

60

21. (8. ordentliche) Versammlung des XVI. Vereinsjahres.

Wir verstehen unter eigentlichen Eolithen, d. h. Edithen im engern Sinne, doch bekanntlich solche Steine, die unmittelbar so, wie die Mutter Natur sie liefert, gebraucht worden sind, höchstens daß man, um eine bequemere Lage des Steins in der Hand zu erhalten, hervorstehende Zacken und Ecken abgeschlagen hat. Statt dessen sind diese ober- oligocänen Steine wirkliche Werkzeuge, zu bestimmten Zweck gewisser­maßen, wenn auch vielleicht unbewußt, stilisiert vorgearbeitet. Ist dies aber, wie z. B. aus den mitgeteilten Abbildungen erhellt, der Fall, dann ergiebt sich als Konsequenz, daß diese oberoligocänen Geräte nicht die ältesten sein können, daß ihnen vielmehr noch eine Yorentwicklung vorangegangen sein muß und nach allem, was wir von der menschlichen Kulturentwicklung wissen, muß diese Vorstufe ungeheure Zeiträume be­ansprucht haben, wir kämen dann wenigstens in das untere Oligocän. Hoffentlich werden diese beiden Umstände in der erwähnten Sitzung der Berliner Gesellschaft für Anthropologie pp. gründlichst miterwogen werden.

XVII. A. Rutot: La fin de la question des Eolithes. (Bull. Société belge de Géologie. XXI, 1907. S. 21lflg.). Behandelt die unter XVI erwähnten Steinwerkzeuge der im 18. Jahrhundert ausgestorbenen Eingebornen von Vandiemensland, oder wie man jetzt offiziell sagt, Tasmania. S. 216 sagt It.:Von heut ab kann der AusdruckEolithisch nicht mehr die chronologische Bedeutung bewahren, den man ihm bis­lang zuerteilte. Diese Industrie, welche die Grundlage aller andern darstellt, ist niemals erloschen, Aveder beim Beginn des Palaeolithikuins, noch dem des Neolithikums, und da sie sich bis auf unsern Tag verewigt hat, so stellt sie nicht mehr ausschließlich das primitive oder praepaläolithische Stadium dar. MitTasmanien wünscht R. die eolithische Industrie der aktuellen Epoche fortan bezeichnet zu sehen.

XVIII. M. A. Rutot: Le Cannibalisme à lépoque des

cavernes en Belgique. Bull, de la Société prehistorique de France. Sitzung vom 27. Juni 1907. Die Höhlenepoche (lepoque troglodytique) gehört stratigraphisch dem obern Quaternär an, dem Zeitabschnitt, welchem die vielgerühmten physioplastischen Skulpturen, Gravüren und Malereien von außerordentlisher Naturtreue eigen sind und es scheint dem zu widersprechen, daß diesegebildeten Wilden Menschenfresser waren. Dennoch hat bereits vor Jahren der Direktor des Naturgeschicht­lichen Museums in Brüssel, Herr Dupont, darauf hingewiesen, daß die Höhlenbewohner dem Kannibalismus zu huldigen schienen. In einer Höhle hat man u. a. 18 angebrannte menschliche Gerippereste in einem solchen Zustande vorsätzlicher Zertrümmerung gefunden, daß jener Ver­dacht aufs neue bestätigt wird. Rutot schließt mit den Worten:Es

scheint also nachgewiesen, daß die troglodytischen Bevölkerungen wenigstens vom Ende des mittleren Aurignacien ihre Toten begraben