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21. (8. ordentliche) Versammlung des XVI. Vereinsjahres.
Als heute — am Mittwoch — einige unserer Mitglieder im Berliner Ratskeller das beliebte volkstümliche Gericht verlangten: Sauerkohl, dicke Erbsen und Schweinepökelfleisch (Eisbein), wurden sie bedeutet, daß dies nur Donnerstagsessen sei. Das hängt mit den klappernden Erbsen zusammen, die dem germanischen Donnergott geweiht waren, ebenso wie der Eber. Hier vermengt sich also Slavisches (Sauerkohl) mit Germanischem (Erbsen und Schwein) zu einem angenehmen „Kompost“ und es freut uns, daß unser Rathauswirt, Herr Falkenberg, so streng an der alten Berliner Volkssitte festhält.
E. Bildliches.
XVIII. U. Gönnermitglied Ingenieur Hermann Knauer überreicht Nr. 1 Jahrg. II 1908 seiner Mitteilungen über Architektur- und Bauausführungen der Firma Boswau und Knauer, meist Warenhäuser betreffend, u. a. die Handelsstätte Sedan auf dem Grundstück nahe der Zentralmarkthalle, wo sich bis zum Herbst 1903 das leider verschwundene Sedan-Panorama befand.
XIX. Aus Neuensund, Kreis Prenzlau. Vorgelegt wurden ferner 3 Ansichtspostkarten aus Neuensund, die Herr Redakteur Fritz Kühn-Prenzlau u. M. Rektor Monke für das Märkische Museum übersandt hatte. Neuensund, im Prenzlauer Kreise gelegen, gehört zu den vier Eckdörfern der Mark, d. h. zu den Ortschaften, welche im Norden, Osten, Süden und Westen die äußersten Punkte bezeichnen (Neuensund, Spechtsdorf, Laute und Garz) und ist somit schon an sich eine geographische Kuriosität. Wie Rektor Monke ferner mitteilt, ist Neuensund der Heimatsort der bekannten Vielfresser-Sage, die wir auch gelegentlich unseres Ausflugs nach Wittenberg kennen lernten, wo uns im Rathause der wohlpräparierte Magen des Wittenberger Vielfressers Kahle, genannt Freß-Kahle, gezeigt wurde. (Vergl. Monatsblatt Nr. 9 des XVI. Jahrgangs). Kahle war ein Krautgärtner, der in „der Nähe des Gasthofs zum Wolf wohnte. Einst fraß er den Dudelsack eines italienischen Dudelsackbläsers gänzlich auf; er verzehrte Nägel, Sand und Steine und ähnliche Dinge fand man denn auch in seinem Magen vor, als derselbe nach seinem Tode der Wittenberger Universität übersandt wurde, die den Magen sorgfältig präparieren ließ. Die Universität schenkte das Präparat später dem Magistrat. Die eigentümliche Form des Magens, die an einen Dudelsack erinnert, hat vermutlich zur Entstehung der erwähnten Sage Veranlassung gegeben. Daß übrigens selbst unmäßiges Essen der Gesundheit nicht immer schadet, geht daraus hervor, daß Kahle 79 Jahre alt wurde; er starb 1754. Die bekannteste Sage über Freß-Kahle ist die von der Wette. Mehrere Wittenberger Bürger hatten darüber gestritten, ob Kahle einen ganzen Hammel verzehren