24. (9. ordentliche) Versammlung des XVI. Vereinsjahres.
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nämlich au dem Zustande der Verwitterung, den die Moränen aus den verschiedenen Eiszeiten zeigen Diese Verwitterung erstreckt sich bei den Moränen der letzten Eiszeit nur auf eine dünne Schicht, während 40 —80 in starke Ablagerungen älterer Eiszeiten in Oberitalien fast durchweg total verwittert sind, sodaß die Steine sich schneiden lassen. (Man nennt solche Ablagerungen dort „ferretisierte Moränen“.) Man hat in Oberitalien den Vergleich mit jüngeren Moränen zur Hand, die zu einem Teil die älteren überlagert haben und sich von ihnen deutlich durch ihren viel geringeren Verwitternugszustand unterscheiden. Hieraus folgt zugleich die überraschende Tatsache, daß die Verwitterung der Mittelmoräne schon geschehen war vor Ablagerung der nächsten Eiszeit, die jene bedeckte und vor der weiteren Verwitteruug schützte. Überall zeigt sich bei Betrachtung der Moränen aus den älteren Eiszeiten, daß sie viel mehr verkittet und betonartig geworden sind, als die lose gebliebenen Schotter der letzten Eiszeit; nur die Ablagerungen der älteren Eiszeiten lassen die Verwendung als Werkstein zu, die der jüngeren nicht. Erscheint so die mittlere Zwischeneiszeit als eine Zeit besonders großer geologischer Arbeit, so ist damit für die Chronologie der Eiszeiten, im besonderen für die Schätzung ihrer Zeitdauer im ganzen und im einzelnen noch nicht allzuviel gewonnen; denn zunächst ist nur das wahrscheinliche Verhältnis der einzelnen Zeitabschnitte zueinander, ihre ungefähre Relation ermittelt worden. Aber man gelaugt mehrere Schritte weiter und zu etwas genaueren Bestimmungen durch folgende Betrachtung: Geologische Arbeit ist das Produkt von „Kraft“ und „Zeit“. Kann man für den Faktor „Kraft“ Werte bestimmen, so ergiebt sich der Faktor „Zeit“. In der Tätigkeit der Flüsse, denen die geologische Arbeit der Talbildungen zu danken ist, spielt das Wasser die entscheidende Rolle. Wenn wir uns vorstellen, daß die Menge des arbeitenden Wassers in der mittleren Zwischeueiszeit bedeutend größer gewesen ist, dann kompliziert sich die Rechnung, weil uns das Maß für dies Mehr fehlen würde. Wie steht es nun hiermit? Es gibt keinen Grund für die Annahme, daß die Gesamtniederschläge in früheren Zeiten der Erdbildung verschieden von heute gewesen sind. Betrachten wir die heutigen Niederschlagsverhältnisse, so zeigen sie in den Gebirgen nur geringe Abweichungen in den verschiedenen Klimaten, sie schwanken zwischen 2 und 3 m Regenhöhe jährlich und nur ein einziger Punkt auf der Erde, der Fuß des Himalaya, weist die enorme Regenhöhe von 12 m auf. Es geht hieraus hervor, daß bei Klimaänderung die Niederschlagsmenge zu allen Zeiten höchstens um 100 °/o geschwankt haben kann, wahrscheinlich überstieg sie niemals 50°/ u . Führt man diese Variabilität der Niederschläge, somit der wirkenden Kräfte bei der geologischen Arbeit in der Rechnung an, so erscheint die Frage nach genauerer Bestimmung der relativen Zeiten nicht mehr ganz unlösbar. An einer Fläche bei München ist mit großer Sorgfalt fest-