1. (ordentliche) Versammlung des XVII. Vereinsjahres.
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Simonetti. Am 9. April 1908 war der mehr wie schlichte Bau ausgeführt. Offenbar hat bei der Nüchternheit desselben die kalvinistische Richtung des Hofes mitgewirkt, auch schreibt es sich daher, daß die Kirche wie die Friedrich Werdersche und Dorotheenstädtische Kirche keinen biblischen oder sonstigen eigentlichen Namen erhielt, vielmehr recht unpassend und trivial die Neue Kirche benannt wurde. Von 1739—1773 umgab die Kaserne der Gendarmen die Kirche von allen Seiten. Der Gedanke, die beiden Kirchen auf dem Gendarmenmarkt durch Türme zu flankieren — die übrigens mit den Gotteshäusern baulich keine innere Gemeinschaft haben — rührt von Friedrich II. her. Am 27. Mai 1780 wurde der Grundstein zum Deutschen Dom nach v. Gontards Entwurf gelegt. Am 28. Juli 1781 krachte der noch nicht völlig fertige Domturm zusammen.
Am 22. März 1848 erfolgte von der großen Freitreppe des Turmes nach dem Schauspielhause zu die Beerdigung von 183 Märzgefallenen. Der Akt ist durch Adolf von Menzels Pinsel verewigt. Das nicht ganz vollendete Bild habe ich um Ostern in der Kunsthalle zu Hamburg betrachten können.
Den innerlichen Kämpfen der Neuen Kirche ist ein eigenes interessantes Kapitel gewählt. Die Zuhörergemeinde hat sich seit den vierziger Jahren v. J. hauptsächlich aus hochgebildeten Besuchern von ganz Berlin zusammengesetzt und so ist es bislang geblieben: Das aufgeklärte freidenkende Publikum Berlins ist noch heute in der Neuen Kirche vertreten. Ich entsinne mich, daß mich mein 1851 verstorbener Vater zum öfteren in diese Kirche führte, obwohl wir eigentlich der Dorotheenstädtischen Gemeinde angehörten. Die Prediger „der alte Marot“, Hoßbach senior, Sydow mit seinem Christuskopf, Gustav Lisco sind mir als feinsinnige, gelehrte Kanzelredner noch sehr wohl in der Erinnerung. Hoßbach junior (f 1893) und der Verfasser Paul Kirmss sind würdigst in die Bahnen ihrer berühmten Vorgänger eingelenkt. Möge Gottes Segen immerdar auf dem edlen Gotteshause ruhen!
XIX. Zeitschrift des Vereins für Volkskunde, XVIII, 1908. Ich mache Sie besonders auf Otto Lauffers „Neue Forschungen über die äußeren Denkmäler der deutschen Volkskunde: volkstümlichen Hausbau, und Gerät, Tracht und Bauernkunst“ aufmerksam. Aus dieser gedrängten Übez’sicht ist für die Heimatkunde vieles zu lernen.
XX. Mitteilungen des Vereins für die Geschichte Potsdams. Gesellschaft zur Pflege der Heimatkunde. Neue Folge, Bd. IV, Heft 3, 1908. — Der Vorstand des uns eng befreundeten Vereins hat eine reiche Folge von Vorträgen und Mitteilungen veröffentlicht, welche die Jahre ab 1904 umfassen. Als besonders beachtenswert empfehle i c h Ihnen u. a. unsers Mitgliedes Herrn Gerichts-Assessors Hermann