?. (1. außerordentliche) Versammlung des XVII. Vereinsjahres.
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2. (1. ausserordentliche) Versammlung te XVII, Vereinte.
Sonntag, den 10. Mai 1908.
Wanderfahrt nach Potsdam.
Die Wanderfahrt nach Potsdam diente dem besonderen Zweck des Nachweises, wie recht Herr Robert Mielke*) in einem vor längerer Zeit gehaltenen Vortrage über Potsdam hatte, als er die immer deutlicher in die Erscheinung tretende Entfremdung Potsdams von den friderizianischen Traditionen im Punkte seiner Straßenanlagen und Neubauten beklagte. Diesem Programm entsprechend galt der Besuch nicht der Umgebung und ihren Schlössern, sondern der inneren Stadt allein und der Vergegenwärtigung dessen, was die beiden Herrscher, denen Potsdam so viel verdankt, Friedrich Wilhelm I. und der große Friedrich, zur Verschönerung der Stadt gewollt und geschaffen hatten. Es war nur im Sinne dieses Programms, daß man mit Besichtigung des vielen Berlinern ganz unbekannten Stadtschlosses begann, des ältesten, auf Joachim I. zurückgehenden Schloßbaues in Potsdam, der im wesentlichen von jenen beiden Königen seine gegenwärtige Gestalt empfangen hat, wenngleich schon nach den Zerstörungen des 30 jährigen Krieges der Große Kurfürst die bessernde Hand angelegt hatte. Auch der Lustgarten ist dessen Schöpfung. Freilich hat dieser schon unter der Regierung des Enkels und Soldatenfreundes aufgehört, als Garten zu bestehen, und ist seitdem der kahle, sandige Exerzierplatz geblieben, als der er sich noch heute zeigt, umschlossen von den weitläufigen Schloßbauten einerseits und von hübschen, sich gegen die Havel erstreckenden Parkanlagen andererseits. Auf diesen „Lustgarten“, ein „lucus a non lucendo“ in doppelter Hinsicht, denn hier fanden die von Offizieren wie Soldaten gleich gefürchteten täglichen Paraden der Riesengarde statt, bei denen König Friedrich Wilhelm I. mit seinem Krückstock bei geringen Verstößen ohne Ansehen der Person Schläge austeilte, waren seinerzeit mehr als ein halbes Jahrhundert lang die Augen der Welt gerichtet: erst wegen Öer fast sagenhaft gewordenen Riesengarde und später aus Bewunderung dei' anfänglich verspotteten „Potsdamer Wachtparade“, des siegreichen Ileeres Friedrich II. Aber, wie die liebenswürdigen Führer der Berliner Gäste, die orfs- nnd lokalgeschichtskundigen Vorstandsmitglieder des Potsdamer Geschichtsvereins, erzählen, mit der berühmten schnurgeraden
*) Monatsb. d. Jahrg. S. 1.
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