3. (2. ordentliche) Versammlung des XVII. Vereinsjahres.
123
bild über die diluviale Oder zu verwerten. Im einzelnen wird später noch manches nachzutragen und zu erweitern sein. Eine Erweiterung ist naheliegend. Als Fortsetzung der diluvialen Oder müssen wir finden Zeitraum, bevor sie sich den Weg in das baltische Gebiet bahnte, den links von der Oder liegenden Teil des Thorn-Eberswalder Haupttals ansehen. In den geologisch viel untersuchten Kiesgruben von Eberswalde sind durch die interessanten Untersuchungen von G. Krause Interglazialreste und die ersten Beweise für das Vorhandensein des diluvialen Menschen in unserer Gegend erbracht worden. Es fanden sich dort ein bearbeitetes Bruchstück von einer Ulna einer Bosart und eine Renntierstange, die am proximalen Ende gerade abgeschnitten war. Auch unser hiesiges naturwissenschaftliches Museum in der Oderstraße birgt unter den diluvialen Funden einen Zahn aus Eberswalde, der 1899 von dem Herrn Bahnmeister Köttke dem Museum überwiesen ist und in den Listen des hiesigen Naturwissenschaftlichen Vereins bisher irrtümlich als Mastodonzahn verzeichnet war. Auf meinen Wunsch wurde mir der Zahn vom Vorsteher der Sammlungen, Herrn Klittke, bereitwilligst zur Besichtigung herausgegeben. Ich stellte fest, daß es sich nicht um einen Mastodonzahn, sondern um einen Equusbackenzahn, wahrscheinlich um einen Wildpferdzahn handelt. Ich werde versuchen nachträglich über die Fundstelle Genaueres zu ermitteln und für jede Mitteilung, die Hinaus dem Leserkreis meiner Abhandlung für mein Thema zugeht, sehr dankbar sein.
Die Brandenburgia ist Herrn Nickel um so dankbarer für seine Mitteilungen, als sie Gegenden, über die wenig palaeontologisch bekannt geworden ist, betreffen.
XII. Herr Professor Dr. Max Verworn in Göttingen, einer der hervorragendsten und glücklichsten Forscher auf der schwierigen und viel zu wenig beackerten Grenzgebieten zwischen Natur- und Kultur- Geschichte, hat die Güte einen Separatabzug seines berechtigtes Aufsehen erregenden Vortrags mitzuteilen, welche unter dem Titel: „Zur Psychologie der primitiven Kunst“ in der Naturwissenschaftlichen Wochenschrift N. F., VI. Bd., 1907, abgedruckt wurde.
Ich habe auf diesen Artikel, nachdem er erschienen war, in der Brandenburgia seinerzeit zuerst aufmerksam gemacht und auch seither vielen Mitgliedern gegenüber bezüglich der merkwürdigen Feststellungen Verworns geäußert. Bis vor kurzem war ganz allgemein die Vorstellung verbreitet, daß die einfachen gewissermaßen symbolischen Zeichnungen, wie sie unsere kleinen Kinder von Menschen, Tieren, Bäumen, Häusern u. dgl. mit ein paar unbeholfenen Strichen hersteilen, Äußerungen des ureigentlichen primitiven Menschentums seien und wir haben wohl fast alle dieser Vorstellung um so mehr gehuldigt, als ja die bekannten Felsenzeichnungen der Wikingerzeit und die primitiven Zeichnungen auf den