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3. (2. ordeutliche) Versammlung des XVII. Vereinsjahres.
noch älteren, nicht minder weit bekannten Gesichtsurnen, endlich die Zeichnungen und Skulpturen mancher heutiger Wildenstämme mit den künstlerischen Erzeugnissen unserer entlegensten Kiudeszeit mitunter merkwürdig übereinstimmen.
Allein Yerworn erweist an der Hand der Höhlenzeichnungen und Schnitzereien aus der Mammut- und Renntierzeit, daß der palaeolithische Höhlenmensch bereits ganz andere, viel realistischere und uns modern künstlerisch anmutende graphische und plastische Künste betrieb. Weshalb. diese vortreffliche Urkunst, zu der ich auch die von mir unter Nr. VIII dieses Protokolls erwähnten künstlerisch wohlgelimgenen Gefäße rechne, verfallen und verschollen ist, wissen wir noch nicht. Diese älteste, der Natur abgelauschte Kunst, die von einigen modernen Naturvölkern, z. B. den Buschmännern geübt wird, nennt Verworn physioplastische Kunst und die erst erwähnte Kunst des Kindes, der Gesichtsurnenverfertiger und mancher moderner Wildenstämme nennt er ideoplastische Kunst, weil hier nicht die wirkliche Natur reproduziert wird, sondern nur die Vorstellung (die Idee) derselben.
Die Theorie Verworns, auf die wir noch öfters zurückkommen werden, ist von vielen interessanten Abbildungen begleitet und wird als ein wichtiger Markstein psychologisch-anthropologischer Forschung fortan augesehen werden müssen. Wenn Sie übrigens die Geschichte der ägyptischen Hieroglyphen sich vergegenwärtigen, dann werden Sie sehen, wie die ursprünglich physioplastische Schriftkunst sich im Laufe der Jahrtausende in vollkommen ideoplastische Schriftkunst verändert hat.
Weiter lege ich vor 2 Arbeiten Yerworns, die im Korresp.-Blatt der Deutschen Anthropol. Gesellschaft, XXXIX. Jahrg. 1908, abgedruckt sind: über das altsächsische Gräberfeld von Grone bei Göttingen, über die vielerörterte Kulturstufe von Taubach bei Weimar, mittleres Interglaziär, in welchem Dr. Hans Hahne zurzeit, mit Unterstützung aus dem Vermächtnis des Dr. Fedor Jagor, Ausgrabungen vornimmt und über mehrere mit Herrn Rutot nach Belgien, außerdem nach den südfranzösischen Renntierhöhlen unternommene Ausflüge.
Endlich legen Ihnen die ebenfalls von mir herumgereichten Sitzungsberichte des angesehenen Anthropologischen Vereins zu Göttingen 1906 und 1907 Zeugnis von den eifrigen vielseitigen Studien dieser wissenschaftlichen Vereinigung ab.
XIII. Herr Georg E. F. Schulz, Friedenau, Hertelstraße 1, überreicht die ersten vier Hefte seiner im Verlag von Paul Parey, Berlin SW. 11, erscheinenden „Natururkunden. Biologisch erläuterte photographische Auf nahmen freilebender Tiere und Pflanzen.“
Heft 1 Vögel 1. Reihe; Heft 2 Pflanzen 1. Reihe; Heft 3 Pflanzen 2. Reihe und Heft 4 Pilze 1. Reihe. Was ich kürzlich zum Lobe von Heft 1 in der Brandenburg sagte, dehne ich vollinhaltlich auf die