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!}. (2. ordentliche Versammlung des XVII. Vereinsjahres.
Schwurgericht iu Berlin verurteilte ihn im April 1850 zu 6 Monaten Gefängnis. Hinter den Kerkermauern der Berliner Stadtvogtei rang sich seine Seele zu ihrem besseren Selbst und zu ihrem Gott hindurch, und seine heiße Sehnsucht nach seiner poesiereichen waldumhegten märkischen Heimat, die er in seiner schönsten Dichtung, der „Ilegler Mühle“, sowie in mehreren Gedichten ausströmen ließ, brachte seiner Seele völlige Genesung.
Werfen wir nunmehr einen Blick auf seine Dichtungen in der ersten Periode seines Lebens. Schon in Potsdam hatte sich seine poetische Ader geregt. Es waren zahlreiche Gedichte entstanden, die durch ihre frische natürliche Empfindung und Sprache zeigen, daß Niendorf ein geborener Dichter war. Auch aus seiner Hauslehrerzeit in Werftpfuhl und Tiefensee stammen eine ganze Anzahl von Gedichten, z. B. das folgende, für eine Singstimme von Edwin Schultz komponierte:
Wie hat sie’s doch angefangen,
Daß sie so mein Herz betört,
Daß mich peinigt Lust und Bangen,
Daß mein ganzer Sinn verstört,
Daß ich gehn muß, wo sie geht,
Daß ich stehn muss, wo sie steht,
Daß mein Herze hüpft vor Freuden Schau ich sie auf weiter Heiden;
Wie hat sie’s doch angefangen,
Daß sie so mein Herz betört?
Ferner das Gedicht:
Zu dir muß ich wandern von nah und weit,
Du bist mein Gedanke zu aller Zeit,
Keine Sonn’ ist zu brennend, kein Berg mir zu steil,
Kein Freund mir so wert, keine Stunde mir feil,
Kann ich nur stehen in deiner Näh,
Du Heideblume von Tiefensee!
Du bist die Eine, die alles mir nimmt,
Dir ist mein Leben, mein Treiben bestimmt,
Mein Herz ist dein Eigen, mein Sinnen bist du,
Mein Dichten und Trachten steht immer dir zu;
Mich find ich erst wieder, wenn ich dich seli,
Du Heideblume von Tiefensce.
Und schau ich dich endlich mit leiblichem Aug,
Und spürt mein Mund deines Mundes Hauch,
Und schling ich die Hand um den schlanken Leib,
Und blick in dein Herz, du geliebtes Weib,
Da gehet in Wonne mein wildes Weh,
Du Heideblume von Tiefensee.