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4. (2. außerordentliche) Versammlung des XVII. Vereinsjahres.
Nördlich von Brieselang liegt ein vorzüglicher Eichwald, der Krämer, und auch beim Bahnhof Finkenkrug grüßt uns ein prächtiger Eichwald. — Birken kommen zwischen Elbe und Oder nirgends so häufig vor wie hier. Sie sollen dem Brieselang den Namen gegeben haben.
Fünftens hat der Brieselang seltene Bäume, z. B. E lsbeerb äume (namentlich in den Jagen 61, 63, 66, 67, 70 und 72) aufzuweisen. Er ist auch reich an Misteln (auf Birken, auf Pappeln in der Nähe des Bredower Forsthauses und auf Ebereschen). Sechstens kommen viele seltene Pflanzen vor, außer den von Th. Fontane bereits aufgezählten z. B. Iris sibirica. Endlich ist achtens über die Fauna zu bemerken, daß ihr Reichtum demjenigen der Flora entspricht. Häufig wird der Brieselang von Käfer- und Kalittenjägern (Kalitt - I vielit t - Schmetterling) besucht*). Früher waren die Wölfe hier stark vertreten. Die Waldpartie zwischen dem Bahnhof und der Falkenhagener Kolonie Falkenhain heißt noch heute der Wolfsgarten, und beim Kilometerstein 12,6 der Falkenhagener Chaussee kann man noch jetzt eine ehemalige Wolfsgrube hart am Wege sehen. Zu den angeblich gefährlichen Brieselangtieren gehört die Kreuzotter, ein unschuldiges Wesen, das im Brieselang bis jetzt noch nicht mehr Menschen getötet hat, als die Kalitten. Weit gefährlicher, mindestens aber zudringlicher sind die blutdürstigen Tiger des Havellandes, die Mücken. Im Jahre 1907 hat man sich endlich zu energischen Gegenmaßregeln aufgerafft, die nach den Versicherungen besonders interessierter Kreise (des Wirtes im Alten Finkenkrug) tatsächlich einen bemerkenswerten Erfolg zu verzeichnen hatten. Doch hält es der Brave nach Art der Wirte immerhin noch für besser, wenn die Besucher in größeren Scharen bei ihm einkehren, angeblich weil sich die Mücken dann mehr verteilen können. Man tötet die überwinternden eiertragenden Mückenweibchen in Kellern und Ställen im Februar durch Stichflammen oder durch Dämpfe des Dr. Flügge’schen Mückenpulvers, vernichtet die trotzdem entstehende Brut der Larven im April, indem man Petroleum oder Saprol (von Dr. Nördlinger) auf die kleinen Wassertümpel gießt, und läßt endlich den immer noch sehr großen Rest der aus den Puppen geschlüpften Mücken durch leichte Kavallerie verfolgen: durch Frösche, deren man im Frühjahr 1908 etwa
*) Zu dem Ausdruck Kalittenjäger bemerkt u. M. Herr C. Voigt folgendes: Bas Wort Kalitte ist mir aus - dem Berliner Seglerleben bekannt; unter „Kalitte- Segeln“ versteht man das Segeln platt vor dem Winde (Wind von achtern in Längsrichtung des Bootes). Um diesen Wind gut auszunutzen, bietet man ihm möglichst viel Fläche und bringt zu dem Zwecke die vorhandenen Segel nach beiden Bordseiten aus, damit sie sich nicht gegenseitig abdecken. Bei einem zweimastigen Boot würde also das eine Hauptsegel nach Backbord, das andere nach Steuerbord genommen werden. Ein Boot in dieser Segelstellung ähnelt allerdings sehr einem Vogel oder einem Falter. Die Engländer nennen diese Segelart wing and wing (Flügel).