Issue 
(1908) 17
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5. (3. außerordentliche) Versammlung des XVII. Vereinsjabres.

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haus, wurde ebenfalls auf einem vorgeschichtlichen Ringwalle und zwar als Sitz der (böhmischen) Landvögte der Niederlausitz nach 1368 erbaut. Im 30jährigen Kriege wurde es zerstört, 1662 aber wieder hergestellt und diente dann der kursächsischen und später königlich sächsischen Oberamtsregierung bis 1815 als Sitz. Der schöne Renaissance-Ostgiebel mit der Inschrift: Cum Deo et die stammt aus dem Jahre 1680, das Portal auf der Nordseite (Spätrenaissance) aus 'dem Jahre 1682. Heute ist das Schloß das Dienstgebäude des Königl. Landratsamtes. Der massige, viereckige Turm, als Ergänzungsbau des alten Schlosses im Jahre 1562 aufgeführt, weil im Schlosse ein Iluldigungssaal für die Niederlausitzer Stände fehlte, war früher durch eine Zugbrücke mit dem Hauptgebäude verbunden. Über dem Huldigungssaal des Turmes befand sich eine Folterkammer; auf dem flachen Dache waren Kanonen aufgestellt, Der östliche Seitenflügel des Schlosses dient dem Königl. Amtsgericht, der Westflügel dem Steuer- und Rentamt als Unterkunft. Der hinter dem Westflügel gelegene Rosengarten des Rentmeisters Herrn Gutknecht ist eine Sehenswürdigkeit der Stadt. Zum Sehloßbezirk gehört das dem Schloß gegenüberliegende Niederlausitzer Ständehaus, über dessen Eingang man die Worte liest:Pro Principe et Patria. An der Südwand be­merkt man das niederlausitzer Wappen mit dem Stierkopf. Das Stände­haus enthält im Innern außer dem Sitzungssaale 45 Einzelwohnungen für die Standesherren, welche sich hier alljährlich am Sonntag nach Ostern versammeln, und birgt die von den Standesherren gestifteten reichen Silberschätze. Alle 4 Wochen tagt dort die Landesdeputation. Die Schloßgasse verbindet den Schloßbezirk mit dem Marktplatz und führt zu der 1708 erbautenWendischen Kirche, zu welcher der Schloß­bezirk, die Gubener Vorstadt und 7 Dörfer der Umgegend kirchlich gehören. In unmittelbarer Nähe steht auf dem Marktplatze die Haupt­oder Stadtkirche von St. Nicolai, ein dreischiffiger spätgotischer Bau aus dem 15. Jahrhundert, der 1543 durch Feuer zerstört, dann aus Steinen der ehemaligen Klosterkirche auf dem Frauenberge wieder auf­gebaut, 1666 um den Altarraum erweitert und 1682 nochmals renoviert wurde. Herr Oberpfarrer Krüner übernahm hier in liebenswürdiger Weise die Führung; er zeigte die Stelle vor dem Altar, unter welcher der Überlieferung nach Paul Gerhardt ruht, der an dieser Kirche von 166976 wirkte und am 7. Juni 1676 in derselben bestattet wurde. Genau ist die Stätte ebensowenig bekannt wie der Todestag; doch nimmt man an, sie befinde sich unter der kleinen Einsenkung im Pflaster; dort stehen gewöhnlich die Konfirmanden während der Ein­segnung. Zur Linken des Renaissance-Altars hängen das Ölbild Paul Gerhardts und das Reliefbild des Generalsuperintendenten Hutten in halb amtlicher, halb bürgerlicher Tracht, wodurch seine freundliche Stellung zur Bürgerschaft angedeutet werden soll; dies Kostüm hat dem