Issue 
(1908) 17
Page
167
Turn right 90°Turn left 90°
  
  
  
  
  
 
Download single image

5. (3. außerordentliche) Versammlung des XVII. Vereinsjahres.

167

Gegenüber den Schäden und Gefahren durch die großen Über­schwemmungen und die Landentvölkerung hielt der Vortragende es für Pflicht, nach den Grundsätzen Dr. Joh. Wicherns eine ländliche Ge­nossenschaft zu begründen. Sie wurde mit 12 Mitgliedern ins Leben gerufen und zählt jetzt 85. Sehr segensreich hat sie gewirkt. Es sind 60 ländliche Arbeiter und Handwerker in ihrer wirtschaftlichen Existenz gehoben, bezw. seßhaft gemacht. Viele schöne neue Häuser und Wirt­schaftsgebäude bezeugen es. Da die Ämter der Vorstände nur ehren­amtlich verwaltet werden, das Werk nur auf dem Grundsatz der Nächsten­liebe beruht, so werden alle Überschüsse als Wohlfahrtsfonds angesammelt und bieten so die Möglichkeit, alle notwendigen Werke der Wohlfahrts­pflege ins Leben zu rufen: Gemeindehaus, Gemeindediakonie, Kleinkinder­bewahranstalt und vor allem das Gemeindeleben aufs schönste auszu­bauen. Diese so organisierte Arbeit in den Landgemeinden wird viel zur Linderung der ländlichen Arbeiternot beitragen, namentlich da es möglich ist, durch die Genossenschaften die Segnungen der Allmende wieder zu gewinnen. Unsere fast 20jährige Erfahrung in der Ge­nossenschaft hat uns zu der Überzeugung geführt, daß auf diesem Wege auch die besten Kräfte sich gewinnen lassen für die notwendige gesunde und energische Ostmarkenpolitik zum Schutz und zur Pflege des Deutsch­tums in den Grenzprovinzen, in allen Ständen und Gliedern. Zum Schluß zog der Vortragende einen Vergleich zwischen den Zuständen im alten deutschen Reich und denen des neuen deutschen Reiches. Das alte deutsche Reich war ein Spielball des Auslandes geworden ganz besonders im 30jährigen Kriege. Der berühmte Professor der Rechts­und Staatswissenschaften zu Wittenberg, der Ordinarius Dr. J. Reusner, sagt 1650 in seiner Dankrede aus Anlaß des endlichen Friedensschlusses: Der 30jährige Krieg war ein Religionskrieg, ein politischer Völkerkrieg und ein Bürgerkrieg alles zugleich, um Deutschland zu verderben! Wer die Geschichte mit vollem Verständnis liest, der wird Gott danken für die Gaben und Güter der deutschen Reformation, welcher sich unser Volk unter dem Schutze des neuen deutschen Kaisertums erfreuen darf. Noch nie hat Deutschland das bezeugt die Geschichte solche Freiheit, solchen Wohlstand besessen, als in unsern Tagen. Darum ist es Pflicht jedes ehrlichen Deutschen, mitzukämpfen für Christentum und Deutschtum und mit an der Lösung der hohen Aufgaben zu arbeiten, welche Kaiser Wilhelm der Große schon 1871 dem neuen Reiche in seiner herrlichen Kaiserproklamation gestellt hat. Das neue deutsche Kaisertum will nicht auf kriegerische Eroberungen ausgehen, sondern auf die Pflege und Erhaltung der Gaben und Güter des Friedens, es will allezeit Mehrer des Reiches sein in Freiheit, Wohlfahrt und Gesittung.

Nachdem Herr Geheimrat Friedei dem Vortragenden im Namen der Brandenburgs den wärmsten Dank ausgesprochen hatte, begab man