Kleine Mitteilungen.
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sprechendem aus benachbarten Provinzen umschauen wollen, um so zugleich der mehr oder minder weiten Verbreitung der einzelnen Züge alten Glaubens auf die Spur zu kommen. Ich gehe aus von den reichen Aufzeichnungen, die mir mein Amtsgenosse Harfenmeister aus den Dörfern des Kreises Friedeberg in der Neumark dankenswerterweise gemacht hat. In großen Zügen mag so gruppiert sein:
1. Hexenglauben. Geben die Kühe schlechte Milch, will die Butter nicht werden, wollen die Schweine nicht fressen, so ist das Vieh bezw. die Butter behext. Dann darf man drei Tage nichts aus der Wirtschaft verleihen, denn um diese Zeit kommt die Hexe, um etwas zu leihen; ihr Wunsch darf nicht erfüllt werden. — Pferde werden vor Ungemach (behexen) bewahrt, indem man durch den Zaum rote Tuchbändchen zieht. Dazu Pommern (Gegend von Kammin): Beim ersten Austreiben des Viehes im Jahre lege man vor
jede Stalltür einen Besen, damit durch das Überschreiten dieser Gegenstände das Vieh vor Behexung geschützt werde. —Werden die Gössel (Gänseküken) zum ersten Mal ins Freie gebracht, so löst man ebendort einen schmalen Rasenstreifen dergestalt vom Boden, daß man ihn von beiden festen Enden her zu einem Bogen wölbt, unter welchem die jungen Tiere durchkriechen müssen, um etwa beabsichtigten Hexenzauber unwirksam zu machen. — Wiederum in der Gegend von Czersk (Westpreußen) taucht die Hausmutter vor dem Herauslassen der jungen Gänschen deren Schnäbel in Schnaps, damit die Tierchen nicht behext werden können. Desgleichen bindet man allen eben jung gewordenen Tieren (Geflügel, Fohlen, Zicklein, Lämmer, Ferkel) zu gleichen Schutzzweck ein rotes Bändchen an den Körper. Ebendort muß man in jeder Nacht beim Verschließen des Hauses den Schlüssel innen stecken lassen, um den Hexen den Eingang ins Haus zu wehren (auch Friedeberg). Denselben Zweck verfolgt man endlich in der genannten Gegend, wenn man am Johannistage an jeder Stalltür 3 Kreuze anbringt; man glaubt abweichend vom sonstigen Datum der Walpurgisnacht (30. April zum 1. Mai), daß die Hexen auf dem Besenstiel nach dem Blocksberg fahren — allerdings muß es stürmisch sein und der Wind in den Schornsteinen pfeifen und heulen.
Auf gewisser Hexenfurcht beruht es wohl auch, wenn man bei Friedeberg, auch bei Liebenwalde, über ein Brot vor dem Anschneiden 3 Kreuze mit dem Messer (in der Luft) zeichnet. Dasselbe tut der westpreußische Bauer vor Pferd und Wagen mit der Peitsche, bevor er eine Ausfahrt mit dem Fuhrwerk macht.
Die Kuren auf der preußischen kurischen Nehrung fürchten heftig den Einfluß der Hexen auf ihren Hauptnahrungszweig, die Fischerei. Darum haben sie eine ganze Sammlung von vorbeugenden Schutzmitteln. Wir zählen auf: Die zum Fischfang fertig gemachten Netze bestreut man mit Salz, um allem Bösen und den Hexen die Augen zu versalzen. Auch räuchert man sie mit allerlei Kräutern und bespricht sie mit Schlangenwasser, dann erst trägt man sie ins Haff. Doch vermeide man beim Netzaustragen an Brunnen oder Wasserschöpfern vorbeizugehen. Beim Absegeln vom Lande wird vor dem Segelbespritzen zweimal landeinwärts Wasser gegossen. — Kommen beim Einlassen der Winternetze in das Wasser Fischhändler mit Schnaps