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Elisabeth Lemke.
Römern, bei den Albanesen, den Neugriecheu, den altcliristlichen Armeniern, aber auch bei den Chinesen. Bei anderen Völkern trägt sie wenigstens ein rotes Halsband oder einen bloßen Faden von roter Seide, ersteres bei den Indern, in der Oberpfalz, im Lechrain und sonst in schwäbischen und bayerischen Gegenden, letzteres im Havellande, in Westfalen, in Kärnten. Man hat dieses Rot bei der Hochzeit als ein Symbol des Feuers, des Herdfeuers, erklärt. Das kann deswegen nicht richtig sein, weil die rote Farbe, wie bei der Hochzeit und bei der Geburt, [man denke an das dem neuen Weltbürger umgeknüpfte rote Bändchen!] auch sonst im Kulte der Sühnungen sehr häufig verwendet wird.“ 1 ) — Weil nun Thor-Donar weitaus die volkstümlichste und mächtigste Gottheit der Germanen war und weil das künftige Geschick der Neuvermählten von ihm abhängig gedacht wurde, wird die rote Farbe — die schon im allgemeinen einem Opferdienst entsprach — auf ihn im besonderen bezogen sein. Später ist die Verwendung der roten Farbe bei Hochzeiten höchstwahrscheinlich oder vielmehr selbstverständlich nur noch eine bloße Gewohnheitsfrage geworden. 2 )
Rochholz (II. S. 242—247) sagt: Das Zeichen der Ehefrau war bei den Friesinnen auf Amrom der rote Gürtel und die rote Haube; Bräute hatten beim Kirchgang immer rote Handschuhe an. Die Frankfurter Braut ging gänzlich rot, der Nürnberger Bräutigam mit rotem Beinkleid. Auf den Ausrufsbildern der Stadt Zürich v. J. 1749 erscheint die Braut mit karmoisinrotem Reitkleide, der Bräutigam in rosenrotem Überrock. Im heutigen Stargard kommen bei einem Brautzuge zunächst die Malereien in Rot auf Kisten und Bettstellen in Betracht. Die Kissen sind rot verziert. Das rote Kunkelband am Rockenstiel überflattert die gesamte Ladung wie ein Schiffswimpel. Die Ohren der Wagenpferde sind rot befranst, Mähne und Schweif rot gezöpft. Der Schreiner, der alles kunstgerecht gefertigt und gepackt hat, geht — mit einem Hammer bewehrt — hinter dem Wagen einher, wie Thor [-Donar] selbst, dessen
') Elbingiscke Anzeigen, 11. Febr. 1790: Über hundert Jahre alte Aufzeichnungen über die Wallachen sagen: ,.Der Bräutigam bekommt seine — stets rot verschleierte — junge Frau nicht eher, als nach der Hochzeit zu sehen.“
! ) J. Frischlin’s „Hohenzollersche Hochzeit“, 1598, schildert den Aufzug
folgendermaßen:
Zwen Männer erstlich daher gehn, Bekleydet rot vnd alls vergüldt,
Die Koß auch, wann du’s wissen wilt, Die Beckeihauben all rot waren. Laggayen waren zween vorhanden, Blutrot diseiben giengen her,
Die trugen schön verguldte Wehr,
Die Scheyden waren samatrot
Von Farben. Die Boßdeckin war Von Samat vnd verguldet gar.
Auf die Laggayen schön herkam Der junge Herr vnd Bräutigam, Rot kleidet ritt ei überall,
Die Roß all daher flogen,
Mit rotem Atlaß vberzogen.