Heft 
(1908) 17
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Die rote Farbe.

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heiliger Hammer die Landesmarke, das Haus, die Rune, den Becher, die Braut und die Leiche einzuweihen hatte. Die Stangen nnd Ketten, mit denen dem Brautpaare der Weg gesperrt wird, sind rot verziert. Die Kopfbedeckung der Braut hat rote Bänder, und jeder Hochzeitsgast trägt ein rotes Taschentuch, das Geschenk der Braut. Zum Hochzeits- mahle verlangt man Safranbrühe. In Stilli an der Aare trug der Brautführer einen roten Rock, und zum Anzuge der Braut gehören ein rot ausgeschlagener Rock, rote Strümpfe, Schuhe mit roten Stöcklein und rote Troddeln an den Zöpfen. Bei der oberbayerischen Braut sind die Zöpfe mit roten Bändern durcliflochten; der meistens von der Kirche entliehene Brautgurt ist u. a. mit roten Glassteinen besetzt. Auch die Kränzeijungfern tragen rote Gürtel und außerdem rote Bänder. Einzelne Alpentaler zeichnen sich dadurch aus, daß die Frauentracht durchweg und stets schwarz ist; aber zur Hochzeitskleidung gehört etwas Ver­wendung der roten Farbe. Der Grödener Brauch setzt für die Braut ein scharlachrotes Mieder fest, das nur am Trauungstage getragen wird. Rochholz weist auch darauf hin, daß derRotes Ordensband genannte Schmetterling zugleich den NamenBraut hat. Die Haus­schwalbe (Hirundo rustica), auch Rötelschwalbe genannt, die mit Thor[-Donars] Farbe geschmückt ist, gewährt nicht nur Schutz gegen Blitzschlag, sondern steht auch zur Ehe in Beziehung, indem das Mädchen, das ein Schwalbennest von der Hauswand herunterstößt, damit einen Freier verjagt.

Im Mittelalter bedeutete die rote Farbe ein liebebrennendes Herz.') A. Kuhn erwähnt von Hochzeitsgebräuchen in der Altmark den am ersten Tage der Hochzeit (Donnerstag) erscheinenden Reiter, der als Mantel einen roten Weiberrock trägt; und aus der Mark Brandenburg meldet er von Jüterbogk und Umgegend, wie es am Anfang des 18. Jahr­hunderts Sitte war: daß man nach der Hochzeitsfeier ein altes Wagenrad entweder vor dem Hause oder auf einem Hügel ansteckte, und daß dann die Hochzeitsgesellschaft einen besonderen Tanz um das brennende Rad ausführte. * 2 )

Das brennende Wagenrad ist nicht ohne althergebrachte Bedeutung. Ja, das Rad allein schon ist ein ehrwürdiges Symbol, einem weit­umfassenden Ideenkreise angehörig. Obgleich ich in unserm Verein (24. Febr. 1897) über diese symbolischen Ornamente gesprochen habe, so muß das dort Gesagte (s. Brandenburgs Heft V. Jahrg. 189697, S. 447 f.) doch hier wiederholt werden, zumal die Brandenburgs seitdem sich so erfreulich ausgewachsen hat.

') Karl Weinhold, Die deutschen Frauen in dem Mittelalter. S. 438 u. 257.

2 ) Adalbert Kuhn, Märkische Sagen und Märchen nebst einem Anhang von Gebräuchen und Aberglauben. S. 361 f.