Schimpf- und Scheltworte.
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getragen; nicht mehr umziehen Burschen und Mädchen und die Knaben singend und die Fackeln schwingend das große Feuer, noch springen sie, wenn dies niederbrennt (uni sich vor Unheil zu feien) paarweis darüber. Nur die Studenten pflegen in künstlicher Erneuerung z. T. solchen alten Brauch.
Vor einem Menschenalter noch wurden auch im mittleren Unstruttale, von Nebra aufwärts bis Kindelbrück, und von da aus auf der Finne und Schmücke bis Cölleda und auf der andern Seite bis zum Kyffhäuser und über Sangerhausen und Eisleben hinaus bis zu den Vorhöhen des Harzes Johannisfeuer angezündet. Ob sie dort noch gebrannt werden, wie zu vermuten, oder für immer erloschen sind, kann ich nicht sagen.
Schimpf- und Scheltworte.
Von Robert Mielke.
Im Volksmunde ist das Schimpf- und Scheltwort ein bevorzugtes Element. Doch auch die oberen Kreise verschmähen es nicht, die Ungeduld durch ein Scheltwort auszudrücken. Wie häufig das Scheltwort selbst im friedfertigsten Sinne gebraucht wird, hat wohl ein jeder an sich schon erfahren, wenn sich ihm ein Esel oder Dummkopf auf die Zunge drängte, wobei es ganz gleichgültig ist, ob es ausgesprochen oder unterdrückt wird. Es ist eben das ursprünglich scharf charakterisierende Begriffsbild zu einem Sprachsiegel erstarrt, zu einem Floskel, der in dem Maße häufiger gebraucht wird, in dem der Sprecher mehr an Empfindung und Temperament und weniger an Erziehung verfügt. Man kann weiter feststellen, daß Stamm und Volk, ja, daß selbst Beruf und Stand neben ganz allgemeinen Scheltworten wie Esel, Duminkopf, Rindvieh u. a. noch besondere haben, die nur innerhalb eines beschränkten Interessenkreises Anwendung finden. Das studentische Philister steht hier neben dem ermländisclien Kott = Dummkopf und dem polnischen Schubjack oder dem jüdischen Schaute. Noch etwas anderes offenbart uns die Beobachtung, indem sie zeigt, daß einzelne fast gedankenlos, andere mit einer sehr viel sicheren Unterscheidung gebraucht werden. Man denke nur an die durchaus verschiedene Gesinnung,, aus der heraus man in der Großstadt Esel, Affe, Hund oder Ochse hören kann, um auf eine stärkere oder schwächere Empfindung zu schließen.
Die Volkskunde hat dem Scheltwort im allgemeinen noch wenig Beachtung geschenkt, mindestens hat sie noch nicht versucht, ein Inventar lebender und toter Scheltworte anzulegen. Das ist zu bedauern, weil uns eine solche Aufstellung manches in der Denkweise der Völker aufhellen würde. Sie würde dem Scheltwort nicht nur nach der sprach-