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Robert Mielke.
„Höllenhund“ auf, der auch als Schimpfwort noch weiter lebt, wie in den vielen Sagen, in denen der Hund als Nachtgespenst und Hüter unterirdischer Gespenster und verzauberter Jungfrauen erscheint. Trotz dieser und anderer Zeugnisse, die den Hund als Unterweltsdämon charakterisieren, ist sein Name das Merkmal tiefster Verachtung. Der „Trunkenbold mit dem hündischen Blick“ der Ilias (I. 225) kennzeichnet diese Lage wie das bekannte Schweinehund oder die alte deutsche herabwürdigende Strafe des Hundetragens. Dieser Zwiespalt in der Charakteristik des Hundes löst sich indessen, wenn man seine Herabwürdigung durch seine Gepflogenheiten erklärt. Wie dabei allerdings eine Redensart, die ich in dem Oderbruch einmal als einen Ausdruck niedrigster Einschätzung hörte, „Du kannst ja nich mal’n dodigen Hund aus dem B^cliofen holen“ zu erklären ist, ist mir noch nicht ganz klär geworden. Vielleicht handelt es sich nur um eine sprachliche Verdoppelung des Schimpfes.
Wir dürfen indessen in der Psychologie des Scheltens noch einen Schritt weiter gehen. Es liegt auf der Hand, daß der Scheltende den Gegner in seinen Kräften und seiner Erscheinung herabwürdigen will, daß er aus dieser Absicht heraus nach einem Sinnbild sucht, das diese Herabwürdigung kurz und präzise ausdrückt. Nach dem Vorangegangenen scheint sich die Auswahl ursprünglich auf Hund und Kröte zu beschränken, die vielleicht schon früh durch Affe und erst in den letzten Jahrhunderten durch eine Reihe minder klarer Schimpfworte ergänzt wurden. Trotzdem diese Auswahl sicher schon in einer sehr frühen Zeit stattgefunden hat — nach dem Hunde der homerischen Gedichte zu urteilen für die Griechen mindestens im 8. Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung —, so müssen doch bestimmte Vorgänge dahin geführt haben, eine gewisse Übereinstimmung in der Bewertung des Schimpfwortes und in seiner Anwendung zu bewirken. Andererseits aber ist es unerklärlich, bei solchen unentwickelten Verhältnissen eine Empfindung für eine Beleidigung durch ein Tierwort anzunehmen, noch dazu durch ein solches, dessen Träger offenbar einst in anderem Ansehen stand, mindestens aber das Gegenteil von feige oder schwach war. Dieser Widerspruch aber löst sich, wenn man sich den Ausruf ursprünglich als Fluch- oder Schadenwirkung erklärt und ihn damit in die Reihe der Neidsymbole und -handlungen stellt. Daß man sich einer solchen Wirkung noch bis in die geschichtliche Zeit hinein bewußt war, bezeugen die Schleuderbleie mit der Inschrift Feri Pomp(ejum) = „Triff den Pompejus“, die bei der Belagerung von Asculum im Bundesgenossenkriege zur Verwendung kamen. Auch das gesprochene Wort, wenn es die Hilfe eines göttlichen Bundesgenossen anruft, hat diese Wirkung, wie es die Fluchworte zum Teil belegen. Unter dieser Voraussetzung gewinnen Kröte und Hund einen anderen Inhalt als den eines Scheit-